Bundesrat Stenographisches Protokoll 662. Sitzung / Seite 72

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(Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Ich gehe davon aus, dass Sie in der Zwischenzeit das genutzt haben, was Sie in diesem Interview angekündigt haben, nämlich sich der Fachkompetenz Ihrer Mitarbeiter zu bedienen. Das ließe mich durchaus hoffnungsvoll in die Zukunft blicken, wenn ich nicht andererseits feststellen müsste, dass Ihnen – und das haben Sie mit Ihren heutigen Ausführungen hier und vor allem auch mit den Ausführungen über ministerielle Kompetenzen, was wir ja auch heute auch auf der Tagesordnung hatten, bewiesen – entscheidenden Kompetenzen fehlen, was Sie ja auch zugeben müssen.

Meine Damen und Herren! Wir brauchen nicht nur Absichtserklärungen. Ihre Aussagen, Frau Ministerin, lassen durchaus in der einen oder anderen Frage Gleichklang mit Ihren Absichtserklärungen erkennen, jedoch bedarf es hiefür auch der Instrumentarien zur Umsetzung. Und dafür sehen wir ein eigenes Ministerium für unerlässlich. Wie Sie wissen, waren wir mit der noch immer besseren Situation des – unter Anführungszeichen – "vorher vorhandenen Frauenministeriums" auch nicht immer völlig einverstanden und haben die Forderung nach einem "echten" Ministerium immer wieder erhoben. Aber das, was wir jetzt vorfinden, ist noch wesentlich schlechter, als das vorher der Fall war. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie gesagt: Es bedarf nicht nur Absichtserklärungen. Und die Aufforderung, es müsse diesbezüglich etwas in den Köpfen aller geschehen, gibt es doch bereits seit vielen, vielen Jahren. Und das funktioniert doch nicht! (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Wenn heute darüber gesprochen wird, dass wir Frauenförderung im Betrieb brauchen, dann heißt das: konkrete Maßnahmen zur Durchsetzung dessen, was wir in den Köpfen als richtig erachten. Es bedarf der Frauenförderung, aber da müssen wir leider sofort zur Kenntnis nehmen – Sie, Frau Minister, sagten das ja auch –, dass diese Fragen im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit angesiedelt sind, was ja dort einen ganz eklatanten Gegensatz darstellt.

Gleichbehandlung, Frauenförderung, Flexibilisierung der Arbeitszeiten – all das brauchen wir sozusagen in Formen gegossen, und zwar in solche, die Verbindlichkeit haben. Und nicht bitte lediglich Absichtserklärungen!

Meine Damen und Herren! Seit 42 Jahren stehe ich im Berufsleben. Ich weiß, wie lange es in diesem Bereich schon Absichtserklärungen gibt! – Sie, Frau Bundesministerin, sagten in diesem "Standard"-Interview auch, der Wirtschaft Dinge wie beispielsweise Selbstregelungskompetenz überlassen zu wollen. – Darauf muss ich sagen: Da sehe ich schwarz für die Zukunft. Wir haben lange auf diese Dinge gewartet, aber ich fürchte, wir werden weiterhin darauf warten müssen.

Wir brauchen eine Frauenministerin, die sich, ohne nach links oder rechts schauen zu müssen – auch was die Finanzen, auch was ihre Kompetenzen anlangt –, für die Frauen einsetzen kann, und zwar ohne Kompromisse schließen zu müssen.

Wenn ich daran denke, welche Diskussionen – das ist jetzt ein Sprung zu einem anderen Themenbereich – es betreffend Vergewaltigung in der Ehe gab, wenn ich daran denke, welche Diskussionen wir rund um das Wegweiserecht hatten, wenn ich daran denke, wie die Emotionen in der Diskussion um halbe/halbe hoch gegangen sind, dann kann ich nur zur Meinung kommen, wir brauchen gesetzliche Festlegungen und keine Absichtserklärungen.

Sie haben heute zwar der Beweislastumkehr im Zusammenhang mit der sexuellen Belästigung das Wort geredet; ich möchte aber nicht wissen, wie die diesbezügliche Festlegung im Bereich des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit aussieht, wie Sie dort Ihrer durchaus lobenswerten Einstellung zum Durchbruch verhelfen werden.

Die Frage der Väterkarenz ist doch keine Frage der Motivation, sondern eine Frage der Voraussetzung. 1 Prozent der Väter nimmt jetzt Karenzurlaub in Anspruch. Sie werden auch in Zukunft allein durch Motivation nicht erreichen, dass mehr Männer in Karenz gehen, denn da bedarf es als Voraussetzung der Einführung des einkommensabhängigen Karenzgeldes. (Beifall bei der SPÖ.) All das sind Dinge, die Sie in Ihrer Kompetenz nicht durchsetzen können, sondern nur in Form von Motivation. Aufforderungen und positive Einstellung sind hier durchaus vonnöten.


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