Bundesrat Stenographisches Protokoll 663. Sitzung / Seite 59

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der Bundesregierung ins Ausland fährt, Geschenke machen muss, damit man überhaupt empfangen und dort gehört wird. (Beifall bei der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber dieses Thema ist wirklich viel zu ernst für solch diplomatische Gesten.

Frau Ministerin! Ich darf Ihnen sagen, dass Ihre Aussage der bisherigen Anti-Atompolitik Österreichs eklatant widerspricht. Die Vorgangsweise stellt auch einen völligen Bruch mit der bisherigen Arbeit der Bundesregierung, der Landesregierungen und der gesetzgebenden Körperschaften dar. Es liegen nämlich meines Wissens nach keinerlei Beschlüsse vor, erstens vom bisherigen Weg abzugehen und zweitens solche Aussagen zu treffen, wie Sie sie gestern getätigt haben.

Ich darf in diesem Zusammenhang auch auf den Aktionsplan vom 6. Juli 1999 betreffend österreichische Anti-Atompolitik im europäischen Zusammenhang verweisen. Dieser Plan kam vor allem auf Initiative der Kärntner und der Steiermärkischen Landesregierung zustande.

Der Nationalrat hat in seiner Sitzung vom 13. Juli 1999 die Bundesregierung ersucht, diesen Plan bei allen bilateralen Beziehungen bestmöglich zu unterstützen. Dabei geht es vor allem darum, Nachbarländern energiewirtschaftliche Kooperationen anzubieten, um den Ausstieg aus und den Verzicht der Nutzung von Kernenergie zu gewährleisten. Das heißt, Ziel ist es, ein kernenergiefreies Europa zu schaffen.

Frau Außenministerin! Warum sind wir so erbost? – Weil die Menschen in Österreich, in Kärnten, in der Steiermark Angst haben und sich fürchten. Es gibt Expertenmeinungen, die die Ängste und die Furcht bestätigen. Krško ist einfach ein massives Sicherheitsrisiko.

Slowenien ist ein Land mit einer relativ hohen Erdbebenhäufigkeit und -stärke. Das liegt daran, dass dort mehrere tektonische Großeinheiten aneinander grenzen, und die Bewegungen an den Plattengrenzen lösen immer wieder Erdbeben aus – das ist auch im Vorjahr der Fall gewesen. Die beiden seismisch aktivsten Areale sind einerseits die Region um Ljubljana und andererseits das Gebiet um Brežice in unmittelbarer Nähe des AKWs Krško. Das Gebiet von Krško gehört also zu den seismisch ungünstigsten Standorten, die es für ein Atomkraftwerk in Slowenien gibt. Bei der Festlegung der Auflagen für den Bau des AKWs Krško wurde die wahre Erdbebengefährdung missachtet und völlig unterschätzt. Sogar die slowenische nukleare Sicherheitsbehörde geht davon aus, dass die seismologische Situation unzureichend bekannt ist. Es gibt auch den Verdacht, dass im Sicherheitsbericht Informationen vertuscht wurden, und zwar betreffend die Fünfmeilenzone, innerhalb welcher ein AKW, wenn es dort Gefährdungen gibt, nicht errichtet werden darf.

Dies bedeutet, dass bei der Festlegung der Auflagen für den Bau des AKWs Krško heikle Informationen über die Erdbebengefährdung vertuscht und wichtige Daten über starke Erdbeben nicht berücksichtigt wurden. Die unzureichende Auslegung des AKWs Krško für ein schweres Erdbeben kann zu katastrophalen Unfällen führen. Selbst wenn der Reaktor solch ein Beben unbeschadet überstehen würde, können durch abgerissene Leitungen und zerstörte Sicherheitseinrichtungen Situationen entstehen, in denen der Reaktor nicht mehr vom Bedienungspersonal steuer- und kontrollierbar ist. Auch der Ausfall beziehungsweise die fehlende Möglichkeit der Inbetriebnahme von Kühlpumpen kann zur Katastrophe führen. Es ist auch anzunehmen, dass im Falle eines starken Erdbebens durch umgestürzte Hochspannungsmasten die Stromzufuhr unterbrochen wird. Dies hat in der Vergangenheit weltweit schon zu mehreren schwerwiegenden Störfällen in AKWs geführt.

Sie sehen also, Frau Ministerin, dass sich die Menschen zu Recht fürchten. Wir alle haben noch Tschernobyl in Erinnerung – vor vielen Jahren war das. Tschernobyl ist mehr als 1 000 Kilometer von Österreich entfernt. Viele wissen, dass es auch in Österreich Verseuchungen gegeben hat, dass man Sachen, die in der Erde gewachsen sind, Schwammerln und so weiter, nicht essen sollte, weil es gesundheitsgefährdend war. Wir wissen, was dort mit den Menschen passiert ist. Wir alle sehen noch die tote Landschaft vor uns, wissen, dass die Menschen von dort flüchten mussten, dass sehr viele an Krebs gestorben sind und dass es in weiterer Folge viele


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