Bundesrat Stenographisches Protokoll 663. Sitzung / Seite 78

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Die Regierungsmehrheit hat im Finanz- und Budgetausschuss bei der Beratung der Budgetbegleitgesetze eben jene Regelung beschlossen, die darauf abzielt, die Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen an die österreichische Post, die mit der Beförderung von periodischen Druckschriften erbracht werden, zu streichen. Dabei ging es in der Vergangenheit um einen Betrag von 900 Millionen Schilling.

Die österreichische Post hat für die vergangenen Jahre mitgeteilt, dass dieser seinerzeit vereinbarte Beitrag nicht kostendeckend sei, wozu ich keine inhaltliche Debatte zu führen in der Lage bin, und hat gemeint, nunmehr seien 1,3 Milliarden Schilling dafür vom Bund zu erbringen. (Bundesrat Dr. d′Aron: Haben Sie dazu Herrn Abgeordneten Edlinger gefragt?)  – Herr Kollege, darf ich Sie bitten! Ich habe den Abgeordneten Edlinger gefragt, und er hat gemeint, seiner Einschätzung nach wäre eine Steigerung in diesem Ausmaß nicht gerechtfertigt, aber Sie haben ja auch die 900 Millionen Schilling, die in der Vergangenheit gezahlt wurden, gestrichen, also insofern sind Sie zu dieser Fragestellung nicht sehr legitimiert. (Beifall bei der SPÖ.)

Was passiert nun? – Bisher zum Post-Zeitungsvertrieb zugelassen waren Publikationen, und das waren und sind sehr verschiedene Kaufzeitungen aller Art, von Tageszeitungen bis zu Monatszeitungen, Mitteilungen von Gemeinden, die sich an ihre Gemeindebürger wenden, auch periodische Publikationen politischer Parteien oder politisierender – wenn Sie wollen – Organisationen, von Interessenvertretungen und natürlich auch von zahlreichen karitativen, sozialen und zivilgesellschaftlichen Organisationen.

Nur um Ihnen ein Bild von der Dimension des Problems zu geben: Im Jahre 1998 – das letzte, über das Zahlen vorliegen – wurden über 709 Millionen Sendungen dieser Art von der Post befördert – Sie können sich also ausrechnen, 100 oder fast 100 pro Bürger –, davon waren 582 Millionen mit Anschrift versehen, also keine Postwurfsendungen, wie das umgangssprachlich heißt, sondern etwa Briefe von gemeinnützigen Organisationen, von Vereinen, von Kirchen an ihre Mitglieder, an ihre Spender, an ihre Sympathisanten. Die österreichische Post hat natürlich dafür auch Beträge inkassiert, der Service war ja auch bisher nicht gratis, und sie hat außerdem in der Vergangenheit 900 Millionen Schilling vom Bund dafür bekommen.

Diese Subvention – wenn man will, Quersubvention, das haben Sie gesagt, Herr Bundesminister – soll jetzt gestrichen werden. Nun, was kann ganz einfach aus der Sicht der beiden Beteiligten passieren? Es gibt die eine Möglichkeit, dass die Post, die privatisiert werden soll, wie ich höre, sich diesen Defizitbringer als Rucksack selber umhängen lässt. Sie haben ja die freundliche Einladung ausgesprochen, die Post könnte sich einen verbilligten Tarif einfallen lassen. Gut, das wird die wirtschaftliche Gestion dieses Unternehmens substantiell verbessern. (Bun-desminister Dipl.-Ing. Schmid: Das habe ich nicht gesagt!)  – Dann war es einer der Kollegen von der ÖVP, ich gebe zu, der Einheitsbrei ist nicht mehr ganz auseinander zu halten. (Beifall bei der SPÖ.) Das wird die Verkaufschancen substantiell verbessern.

Die zweite Möglichkeit ist, dass die Post den Tarif in dem Ausmaß – es geht ungefähr um eine Vervierfachung – erhöht, dann werden sich die sozialen, karitativen, politischen, zivilgesellschaftlichen, kritischen Organisationen in vielen Fällen das nicht leisten können. Und dort – und ich möchte das gar nicht gering schätzen –, wo es um die österreichische Medienwirtschaft geht, haben die betreffenden Unternehmen die Alternativen, entweder diese Mehrausgaben zu schlucken oder sie an den Konsumenten weiterzugeben, was insbesondere die Qualitätspresse entweder mit gigantischen Mehrkosten oder aber mit Auflagenschwund bedrohen wird, weil die Zahlungsfähigkeit der Bevölkerung beschränkt ist.

Damit wir nur ein Gefühl dafür bekommen, worüber wir hier reden: Die "Presse" – die Tageszeitung "Die Presse" – wird hier mit jährlichen Mehrkosten in der Höhe von 57 Millionen Schilling bedroht, der "Standard" mit Mehrkosten von 33 Millionen Schilling, die "Salzburger Nachrichten" mit 20 Millionen Schilling, die "Neue Zeit" mit 20 Millionen Schilling, das "WirtschaftsBlatt" mit 40 Millionen Schilling. Und wenn ich mir jetzt überlege, dass ich einen solchen begünstigten Zeitungstarif in praktisch allen relevanten europäischen Ländern habe, dann bedeutet das nicht nur, diese Zeitungen gewissermaßen zu schädigen, sondern es bedeutet zugleich, sie in einem


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