Bundesrat Stenographisches Protokoll 663. Sitzung / Seite 99

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Wenn wir den Markt nicht regulieren, ist vieles nicht möglich. Diesbezüglich irren Sie, Herr Minister! Lassen wir die Zeitungen weg! Auch die ganz normale Postzustellung ist natürlich mit unterschiedlichen Kosten belastet, ob sie sich bei mir daheim im 8. Bezirk oder in Lahnsattel abspielt. Es ist entweder die gesetzliche Vorgabe an ein Unternehmen, eine bestimmte Dienstleistung gesamthaft zu gleichen Preisen im Bundesgebiet zu erbringen, oder aber die öffentliche Hand bestellt und bezahlt Leistungen. Wir machen das bei der Bundesbahn, die Nebenbahnen fahren auch nicht kostendeckend, aber die Betroffenen meinen, die Leistungen oder der Betrieb sei notwendig! Genauso war es bisher bei den Zeitungstarifen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Haunschmid: Das war nicht so!)

Da geht es nicht um Privilegien, da geht es nicht um Subventionen, sondern es geht darum, bestimmte Dinge überhaupt erst möglich zu machen. Ich habe mich in meiner Wortmeldung jener Verengung nicht schuldig gemacht, die einige Folgeredner unter Berufung auf mich glaubten aufgreifen zu können. Nein, es geht nicht nur um eine Hand voll karitativer Vereine, es geht genauso um Kultur- und Sportorganisationen und Berufsorganisationen (Bundesrätin Haunschmid: Und um die SPÖ!), wie beispielsweise um die Zeitschrift "Die Österreichische Blasmusik", also um einen Verein, den wir subventionieren, der nicht wirklich mein Herzensanliegen, aber für Hunderttausende Österreicher ein Stück Kultur unseres Landes ist. Und dieser wird jetzt entweder keine Zeitung mehr machen können oder die Mitgliedsbeiträge erhöhen oder mehr Subvention einfordern müssen.

Die Frage ist: Fördere ich all jene, die in unserer Gesellschaft ein positives Element darstellen – ich bin mir nicht einmal sicher,  ob man die Parteien ausschließen muss,  aber tun wir einmal so –, dann bleibt unter dem Strich nichts übrig, dann habe ich die Einsparung hier gegen den Mehraufwand hier, und vielleicht kann ich 15 Prozent einsparen. Die Frage ist, ob die Operation mit aller Administration, die dahintersteckt, wirklich nicht mehr kostet als die 15 Prozent.

Daher ist also festzustellen: Das Ganze ist, wie ich gesagt habe, ein Hüftschuss, der in Wirklichkeit der österreichischen Gesellschaft einen Schaden zufügt, bei dem es nicht um ein paar, wie Sie gesagt haben, Härtefälle geht. Nein, darum geht es nicht! 80 Prozent der Betroffenen sind Härtefälle: die Jugendorganisationen, Berufsvereinigungen – Arbeitnehmer und Arbeitgeber –, Sport- und Kulturorganisationen, Autofahrerorganisationen. Wie, so glauben Sie, informiert das Wiener Konzerthaus seine Mitglieder? – Mit einer Zeitschrift! Wer wird das zahlen? – Es wird eine Subvention fällig werden, oder es wird das nicht mehr geben.

Ich glaube, da ist etwas im günstigsten Fall völlig unüberlegt und in dem Fall, den ich durchaus zu unterstellen bereit bin, in gezielter Absicht losgetreten worden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte an dieser Stelle noch eine technische Bemerkung machen. Der Herr Bundesminister hat die Behauptung aufgestellt, die Mitglieder des Verbandes der österreichischen Regionalzeitungen wären durch eine Partei – offenbar waren damit wir gemeint – nicht zum Postzeitungsvertrieb zugelassen worden. Sie haben sich offenbar mit diesem Thema wirklich nicht sehr ernsthaft beschäftigt! Wissen Sie, wer diese Mitglieder sind? Wissen Sie es? (Bundesminister Dipl.-Ing. Schmid: Soll ich Ihnen den Brief geben?)  – Gerne, aber wissen Sie, um welchen Typus Zeitschrift es sich dabei handelt, oder von welchem Typus deren Publikationen sind?

Dahinter steckt ein alter Streit zwischen den österreichischen Kaufzeitungen und der österreichischen Gratis-Presse. Im Gegensatz zu dem Vereinsnamen, der nahe legt, das seien Regionalzeitungen – das sind sie nicht! –, handelt es sich dabei nämlich um die in fast allen österreichischen Bezirken bestehenden Gratis-Zeitungen, die grundsätzlich keine Abonnenten haben, sondern sich an das allgemeine Publikum wenden. Es gibt seit vielen Jahren einen Krieg zwischen den Kaufpublikationen und diesen Gratis-Publikationen. In, wie ich behaupte, völlig korrekter Anwendung der Postordnung und der nunmehrigen Vertragsbestimmungen – aber es hat jedenfalls nie eine politische Intervention gegeben – sind solche Gratis-Zeitungen, die ausschließlich kommerzielle Interessen verfolgen – denn es handelt sich in Wirklichkeit um Anzeigenblätter –, nicht zum Postzeitungsversand zugelassen worden. Das steht so in den Bestimmungen, die keine Partei erfunden hat. Ich weiß nicht, warum Sie sich dieser Polemik wie vieler anderer zu bedienen versucht haben.


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