Bundesrat Stenographisches Protokoll 664. Sitzung / Seite 119

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Insgesamt kann man jedoch mit der sozialen Entwicklung in Österreich durchaus zufrieden sein. Wir sollten, was die Beschaffung von Geldern für soziale Leistungen betrifft, durchaus mehr Kreativität entwickeln, um auch in diesem Bereich noch Verbesserungen zu erzielen. Wir sind nicht bereit, den schwarz-blauen Sozialabbau hinzunehmen.

Hohes Haus! In der momentanen Diskussion wird die Einsparung von staatlichen Transferleistungen als die einzige Möglichkeit zur Lösung der Budgetprobleme dargestellt. Die Sparpolitik der Bundesregierung trifft vor allem die ärmeren Bevölkerungsgruppen, denn die Streichung von staatlichen Transferleistungen und die Erhöhung von indirekten Steuern und Abgaben belastet die unteren Einkommensgruppen überproportional. Nur Steuererhöhungen würden eine Budgetkonsolidierung so gestalten, dass jeder einen gerechten Beitrag, je nach Höhe seines Einkommens, bezahlt.

Besonders krass ist die soziale Ungerechtigkeit im Hinblick auf die Superreichen. Diese haben ihr Privatvermögen in Stiftungen eingebracht und müssen nur für jenen Teil der Erträge Steuern zahlen, der ausgeschüttet wird, und auch davon nur 25 Prozent Kapitalertragssteuer als Endbesteuerung, was die Hälfte des normalen Spitzensteuersatzes ausmacht. Jeder kleine Sparer zahlt hingegen 25 Prozent KESt unabhängig davon, ob er die Zinserträge abhebt oder nicht.

Meine Damen und Herren! Wenn etwa eine Privatstiftung einen Vermögenswert in der Höhe von 1 Milliarde Schilling hat und einen Jahresertrag in der Höhe von 100 Millionen Schilling erzielt, von denen 4 Millionen Schilling ausgeschüttet werden, so beträgt die Steuerleistung bezogen auf die Gesamterträge 1 Prozent. Ich denke daher, dass eine Besteuerung der gesamten Erträge der Privatstiftungen analog zum Sparbuch durchaus angebracht wäre.

Obwohl diese Superreichen noch immer viele Vorteile aus dem Stiftungsrecht wie den halben Spitzensteuersatz oder die Vermeidung der Erbschaftsteuer behalten würden, müssten sie einen merklichen Beitrag zur Budgetkonsolidierung leisten. Bei einem geschätzten Stiftungsvermögen von 400 Milliarden Schilling und bei einem angenommenen 10-prozentigen Ertrag von 40 Milliarden Schilling ergäbe dies zusätzliche KESt-Einnahmen in der Höhe von 10 Milliarden Schilling.

Meine Damen und Herren! Würden diese Mehreinnahmen beispielsweise den Sozialversicherungen zur Verfügung gestellt werden, so würden wir auf Leistungskürzungen oder Selbstbehalte verzichten können.

Abschließend möchte ich noch festhalten, dass die Sozialpolitik in den vergangenen Jahren hervorragend war, und das ist auch in den vorliegenden Sozialberichten dokumentiert. – Die SPÖ-Bundesräte werden diese Berichte daher zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.55

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl. Ich erteile ihr dieses.

17.55

Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Elisabeth Sickl: Herr Präsident! Hohes Haus! Der Sozialbericht, der auch Fragen der Armut zum Thema hat, ist viel zu ernst, als dass man diesbezüglich polarisiert, und ich muss mit Genugtuung feststellen, dass die Debatte darüber mit wenigen Ausnahmen sehr sachlich verlaufen ist.

Es ist, so glaube ich, unser gemeinsames Anliegen, dass die Gesellschaft mit ihren Allerschwächsten sehr sensibel und sehr vorsorglich umgeht, denn an der Art und Weise, wie sich eine Gesellschaft mit ihren Schwachen befasst, kann man letztlich den Grad des Humanismus messen, zu dem sie sich bekennt. Unsere Politik muss dergestalt sein, dass wir mit allen von uns gesetzten Maßnahmen bewirken, dass die Armen nicht ärmer und die Reichen immer reicher werden.

Ich glaube nicht, dass eine solch kapitalistisch ausgerichtete Sozialpolitik unser gemeinsames Anliegen sein kann (Beifall bei den Freiheitlichen), sondern ich bin der Auffassung, dass wir eine


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