Bundesrat Stenographisches Protokoll 666. Sitzung / Seite 74

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Wir brauchen ein System, das allen Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten können, einen Gang in die Pension ermöglicht. Wir brauchen selbstverständlich eine Erleichterung beim Zugang zur Invaliditätspension. Wir plädieren auch für einen besseren Berufsschutz vor allem für ungelernte Arbeiter, für Hilfskräfte, für Bauern und für Gewerbetreibende, die ab einem gewissen Zeitpunkt ihren eigenen Beruf nicht mehr ausüben können, denn auch diesbezüglich muss etwas geschehen. Darum bitte ich Sie: Stimmen Sie zu! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.56

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Klaus Nittmann. Ich erteile ihm dieses.

12.56

Bundesrat Dr. Klaus Nittmann (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Max Frisch wird folgender Satz zugeschrieben: Die Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen. – Betrachtet man den Crashkurs, auf dem sich unser Pensionssystem bisher befunden hat, so dürfte das schwer fallen. Der Beigeschmack der Katastrophe stellt sich unweigerlich ein. Dasselbe gilt für das Budget und für den Zustand der Krankenkassen.

Erstaunlich dabei ist vor allem, dass sich die Katastrophe seit 15 Jahren ankündigt, aber erst jetzt Schritte unternommen werden, um sie abzuwenden. Da bedurfte es wohl eines Regierungswechsels.

Schon im Juni 1985 setzte der damalige Sozialminister eine Arbeitsgruppe ein, die sich mit der langfristigen Finanzierung der Pensionsversicherung befassen sollte. Die Empfehlungen der Arbeitsgruppe, die im Wesentlichen auf eine Durchforstung der Pensionsansprüche hinausliefen, führten zur Pensionsreform 1988. Dieser Reform war kein Erfolg beschieden, denn erstens erwiesen sich die Maßnahmen aus heutiger Sicht als unzureichend, zweitens warf der Verfassungsgerichtshof dem Gesetzgeber vor, dass die vorgesehenen Ruhensbestimmungen vor allem die Bezieher kleiner Pensionen belastet hätten. Da ist es doch eine Ironie, dass ausgerechnet die SPÖ der Regierung unterstellt, sie wolle von unten nach oben verteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nicht nur dass die Sozialdemokraten für den Katzenjammer im Pensionssystem verantwortlich sind, hat der Verfassungsgerichtshof der damals regierenden SPÖ auch eine Diskriminierung der kleinen Pensionisten bescheinigt. – Meine Damen und Herren! Von unserer Regierung wird der Verfassungsgerichtshof das nicht sagen können!

Erwähnenswert ist aber auch, dass die SPÖ im Jahre 1991 die beitragsfreie Anrechnung von Schul- und Studienzeiten beseitigte. Diese Maßnahme traf vor allem jene Schüler und Studenten, die sich in der Folge den Nachkauf dieser Ausbildungszeiten nicht leisten konnten und dadurch bis zu 12 Prozent ihrer Alterspension verlieren werden. Das sind Grauslichkeiten! So geht es weiter.

Im Jahre 1991 erstellte der Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen eine Studie über die soziale Sicherung im Alter. Sechs Jahre später erstattete Herr Professor Rürup im Auftrag der damaligen Bundesregierung ein Gutachten über die Perspektiven der Pensionsversicherung in Österreich. Als Folge dieser Arbeiten kam es zu den Pensionsreformen 1993 und 1997. Auch diese Reformen griffen jedoch zu kurz, um die langfristigen Finanzierungsprobleme zu lösen. Rürup selbst beklagte mehrfach die unzureichende Umsetzung seiner Vorschläge. Auch die Massenmedien haben immer wieder auf den drohenden Systemkollaps hingewiesen. Die Einzigen, die die Zeichen nicht lesen wollten, welche die Experten und die Medien groß an die Wand geschrieben hatten, waren die Sozialdemokraten.

Während die SPÖ schlief, hat sich die Situation aber laufend zugespitzt, einerseits durch den demographischen Prozess, andererseits durch den Beitritt Österreichs zur EU. Lassen Sie mich das kurz beleuchten. 1960 kamen drei Erwerbstätige auf einen Pensionisten, derzeit nur mehr zwei auf einen Pensionisten. Und wenn nichts geschieht, wird im Jahre 2030 ein Berufstätiger


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