Bundesrat Stenographisches Protokoll 666. Sitzung / Seite 90

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Einerseits geht es um die notwendige Demokratisierung der Gremien der Sozialversicherungsträger, andererseits geht es um die Reaktion Österreichs auf das EuGH-Erkenntnis vom 23. Mai.

Ich darf zur Demokratisierung der Sozialversicherungsträger sagen: Das ist ein unbedingt notwendiges Nachholverfahren, das deshalb Platz zu greifen hat, weil der Zustand bisher unhaltbar war. Der Präsident hat nach Ermessen, also quasi willkürlich, über die Besetzung dieser Gremien verfügt. Heute erfolgt diese im demokratischen Verfahren nach d’Hondt. Das soll aber nur ein Zwischenschritt sein, denn wir möchten, dass letztendlich Ende 2000 direkte Wahlen stattfinden.

Ich möchte dem Vorwurf des Kollegen Drochter, der gesagt hat, dass dieses System und dieses Gesetz nicht der Demokratisierung, sondern lediglich der Parteipolitik dienen, entgegenhalten, dass die Demokratisierung das Ziel ist. (Bundesrat Drochter: Das habe ich nicht gesagt!) – Es ist auch in Zwischenrufen so zum Ausdruck gekommen. Ich darf sagen: im Gegenteil.

Ich darf Ihnen dazu einen Beweis liefern: Bei mir waren Vertreter der Sozialversicherungsanstalt der Eisenbahner. Sie haben die große Sorge deponiert, dass durch dieses Gesetz ihre spezielle Situation – es ist eine kleine bundesweite Organisation – unter die Räder kommen könnte und die von ihnen zu vertretenden Personen durch diese Neuregelung betroffen sein könnten. Darauf habe ich gesagt: Um Gottes willen, das darf nicht passieren. Wir wollen demokratisieren, und wir werden auf ihre spezielle Situation Rücksicht nehmen. – Das ist auch im Gesetz passiert. Die Zusammensetzung der Gremien wird nach den Betriebsratswahlen erfolgen. Also das ist der Beweis, dass es uns sehr wohl um die Demokratisierung geht.

Ich darf noch etwas anführen, was uns Kollege Drochter vorgehalten hat, nämlich dass es für die Beamten keine Lösung gibt. Das ist richtig, aber im Zuge des zweiten Schrittes, nämlich bei der Festsetzung von direkten Wahlen, wird es natürlich auch die Beamten betreffen. (Bundesrat Drochter: Nachgeholt! – Bundesrat Schöls: Wobei Direktwahlen noch nicht ausverhandelt sind!)

Ich darf nun auf den notwendigen Schritt zu sprechen kommen, nämlich die Reaktion auf das EuGH-Erkenntnis. Als Erstes darf ich darauf hinweisen, es ist doch nicht so, wie die Kollegen von der SPÖ betont haben, dass nun auf diese Art Kranke nicht mehr in Pension gehen können. § 255 (4) schafft ein wortgleiches Auffangnetz für alle Berufsgruppen: für Selbständige, also Bauern und Gewerbetreibende, für gelernte und ungelernte Arbeitnehmer. Damit wird einem lang gehegten Wunsch, dass ungelernte Arbeitnehmer einen erhöhten Berufsschutz bekommen – durch dieses Gesetz bekommen sie einen erhöhten Berufsschutz –, Rechnung getragen, alle werden gleich behandelt.

Ich möchte auf die Flexibilität der Regierungsfraktionen hinweisen. Im Ausschuss ist der Einwand von Seiten der Opposition gekommen, dass zwölf Jahre gleichförmige Tätigkeit zu lange seien – nicht 144 Monate, sondern 120 Monate. Das haben wir ernst genommen, und wir haben entsprechend reagiert: Im Gesetz stehen jetzt 120 Monate.

Ich möchte auf einen Zwischenruf, der von der Seite der SPÖ gekommen ist, eingehen, in dem es zu diesem Thema geheißen hat, dass sozusagen drei Jahre übrigbleiben. Da wurde gefragt: Was passiert mit diesen drei Jahren? – In diesen müssen die Menschen arbeitslos sein. – Darum geht es nicht. In diesem Paragraphen steht: Es wird ein Invalider nur mehr auf eine bestimmte Tätigkeit vermittelt. Es werden die letzten 15 Jahre berücksichtigt. Innerhalb der 15 Jahre muss er zehn Jahre lang die gleichförmige Tätigkeit ausgeübt haben. – Also in diesem Zusammenhang von einer Arbeitslosigkeit zu sprechen, trifft den Nagel tatsächlich nicht auf den Kopf.

Ich darf darauf eingehen, wie denn überhaupt diese Pensionsform der geminderten Arbeitsfähigkeit entstanden ist. – Sie ist als ausgesprochene Ausnahme vom System im Jahre 1993 entstanden, als man beschäftigungspolitische Maßnahmen setzte (Beifall bei Bundesräten der ÖVP) und damit gewisse große Unternehmungen entlasten wollte, indem man diese Arbeitnehmer in Pension geschickt hat. Damals ist der Tätigkeitsschutz festgehalten worden, der auch


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