Bundesrat Stenographisches Protokoll 666. Sitzung / Seite 146

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sich einmal die Mühe gemacht und konnte feststellen: Das alte Mietrecht kannte 29 verschiedene Vertragstypen.

Kollege Thumpser! Wenn man mit Sozialdemokraten über das Mietrecht spricht, dann hat man – ich zumindest – das Gefühl, mit Ursozialisten zu reden – im Gegensatz zu vielen anderen Themen –, die dem Ursozialisten-Motto "Eigentum ist Diebstahl" frönen. (Bundesrat Meier: He!) So ungefähr klingen Ihre Wort, wenn Sie über das Mietrecht reden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich nehme doch an, dass Sie als moderne Sozialdemokraten die totale Preisregelung aller notwendigen Güter des täglichen Bedarfes für jede Familie längst überwunden haben. Ich nenne Ihnen solche Güter: Milch, Butter, Käse, Kartoffeln, Salat, Auto, Schuhe. Und beim Mietrecht soll es nicht gelten. (Bundesrat Thumpser: Schau die Wohnbauförderung an!)

Ich darf zunächst einmal festhalten: Unter sozialistischer Ägide hat es ein österreichisches Mietrecht, meine Damen und Herren, nie gegeben. Es hat immer nur ein Wiener Mietrecht, genau zugeschnitten auf die politischen Bedürfnisse von Wien, gegeben, das einfach per Bundesgesetz für Gesamtösterreich bis Vorarlberg Gültigkeit hatte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und was immer dann die Oberkapazunder dieses Mietrechtes in dieses hineinreklamierten: Es wurde immer irrwitziger und geistig nicht mehr nachvollziehbar. Völlig wahnwitzige Unterscheidungen führten nicht zu mehr Gerechtigkeit, sondern zu mehr Ungerechtigkeit. (Präsident Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Ich sage Ihnen zwei Beispiele: Halten Sie es für gerecht, dass die Hofratswitwe in der Acht-Zimmer-Flucht im ersten Wiener Bezirk um 927, 80 S wohnt und die Jungfamilie, die sich eine neue Wohnung zum Mieten suchen muss, auf einen verknappten, sündteuren Markt stößt, weil sich natürlich gerade die Hauseigentümer, die es sich leisten können, auf Grund ihres früheren Mietrechtes nicht mehr für die Vermietung entscheiden? Können Sie mir erklären, was das soll?

Kann mir jemand in diesem Hause erklären, wo die vernünftige Ratio liegt, dass eine Wohnung, wenn sie vor 1945, also ein Altbau, gebaut wurde und das Haus nicht parifiziert ist, unter diese Bestimmung fällt, wenn sie aber nach 1968 gebaut wurde – das ist Neubau und daher ohne Förderungsmittel –, unter jene Bestimmung fällt? – Dazu kommt noch, wenn dieses Althaus parifiziert worden ist, aber der großköpfige Hausherr nicht mehr als 50 Prozent der Mietwohnungen in Eigentum hat, dann wird es wieder anders behandelt. – Wo liegt die Vernunft in diesem Mietrecht? Wo ist die Vernunft in den alten Friedenszinskronenregelungen gelegen? – Denken Sie zurück an die Historie. Wissen Sie, was der Friedenszins war? – Das war eine Stütze für die Witwen von gefallenen Soldaten des Ersten Weltkrieges. Da hat sich der Kaiser entschlossen, dass er diesen armen, plötzlich zu Witwen gewordenen Frauen mit ihren Kindern die Mieten einfriert, und daraus haben Sie dann eine Sozialaktion gemacht, die zu den absurdesten Ergebnissen eines Gesetzes geführt hat, die ich jemals erlebt habe.

Die bisherigen Unterscheidungen sind durch nichts gerechtfertigt. Die nunmehrige Regierungsvorlage ist natürlich nur ein erster Schritt, und auf Dinge, wie sie Herr Präsident Weiss gesagt hat, wird man eingehen. Man wird natürlich auch darüber reden können, dass es Befristungen für ein Jahr gibt. Aber ich sage Ihnen eines: Wir brauchen einen ordentlichen Markt für Wohnungen, ebenso wie für Milch, Butter und Käse. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.02

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. – Bitte.

18.02

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte doch eine Kerninformation oder eine grundsätzliche Stellungnahme zur Frage der befristeten Mietverträge geben, die meines Erachtens einem dringenden Praxisbedürfnis entsprechen und eine segensreiche Auswirkung haben werden. Sie werden sich vor allem zu Gunsten der Mieter auswirken.


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