Bundesrat Stenographisches Protokoll 667. Sitzung / Seite 60

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Die Bundesregierung wird daher auch den in der neuen Staatszielbestimmung enthaltenen Verfassungsauftrag ernst nehmen und den von ihr eingeschlagenen Weg weiterhin fortsetzen. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

12.24

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Gudenus. – Bitte.

12.24

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Artikel 7 des Staatsvertrages ist und wird endlich verwirklicht. – Dazu hat es einer freiheitlichen Regierungsbeteiligung bedurft. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)  – Ja, so lange hat es gedauert.

Kärnten übernahm die Vorreiterrolle. Schon vor zehn Jahren wurde die Landeshymne auf slowenisch nachempfunden und wird seither gemeinsam von den Deutschkärntnern und den slowenischen Kärntnern gesungen. Das halte ich für eine gute Zusammenarbeit zwischen zwei Sprachgruppen, zwischen zwei Volksstämmen. Und das wollen wir jetzt in ganz Österreich haben – mit oder ohne EU!

Ein schon vom ÖVP-Abgeordneten Universitätsprofessor Ermacora gefordertes europäisches Volksgruppenrecht ist zu verlangen und wird von mir verlangt. Problematisch für die Volksgruppenrechte wird es dann – das ist für Europa wahrscheinlich sehr entscheidend –, wenn jeder Staat sein eigenes Volksgruppenrecht artikuliert. Ich hoffe, dass es gelingt, ein grenzüberschreitendes, ein europäisches – das heißt nicht unbedingt ein EU-europäisches – Volksgruppenrecht zu schaffen. Ich meine, Österreich übernimmt hier die Vorreiterrolle, ist aber nicht in der Lage, der Schweiz auf diesem Gebiet den Rang abzulaufen.

Aber weil wir gerade von den drei Weisen beobachtet werden – ich weiß nicht, von wie viel Botschaften, ich weiß nicht, von wie viel Journalen –, möchte ich jetzt kurz die Situation in Frankreich und Spanien darlegen, diese ist nämlich nicht rosig. Diese Länder haben Österreich nicht zu maßregeln.

Die okzidentanische Sprache der Provence soll diesem prachtvollen Lande zurückgegeben werden, verlangen die Okzidentanier. Ihr Glanz, ihre Stellung, die ihr im Mittelalter die Minnesänger vermittelt hatten, sollen wieder offiziell werden. Noch vor 135 Jahren galten mehr als 90 Prozent der Kommunen der Provence und der Bretagne als nicht französischsprachig. 15 Prozent beherrschen noch heute die lokalen Dialekte, 40 Prozent verstehen und 80 Prozent befürworten seine Belebung. Bretonisch war bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs die Sprache der sozialen Unterschicht in diesen Bereichen. Das Okzidentanische wird im Zentralmassiv seit 40, 50 Jahren zurückgedrängt.

Im Baskenland sieht es ähnlich aus. Die baskische Identität gewinnt auch in Frankreich an Anhängern, und man fordert ein Departement Baskenland. Premierminister Jospin, ein Sozialist, hat seinen Wahlkampf damit geführt, diesen Minderheiten ihre Rechte zu geben, und kommt jetzt in Paris wahrlich in Bedrängnis.

Die Bürgermeister und Gemeinden des Departements Atlantik-Pyrenäen, so heißen sie bis jetzt, sind für eine Umwandlung in ein Departement Baskenland. Paris antwortet auf dieses Ipparalda, das heißt Baskenland des Nordens, mit polizeilicher Überwachung.

Die katalanische Sprache hat sich auch in Frankreich noch immer behauptet. Das Elsässische und das Korsische verlieren etwas an Boden, doch das korsische Regionalparlament soll gesetzgeberische Befugnisse erhalten und soll von bisher zwei Departements, die leichter von Paris aus zu gestalten und verwalten waren, auf ein Departement zusammengelegt werden. – Auch das versprach Jospin. Er versprach eine Behandlung der Minoritäten ohne Tabus, blieb aber bislang noch fast alles schuldig.


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