Bundesrat Stenographisches Protokoll 667. Sitzung / Seite 192

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Die Ausbildung erfolgt und funktioniert in Partnerbetrieben: Der Partnerbetrieb geht einen Ausbildungsvertrag mit der Ausbildungseinrichtung ein und verpflichtet sich, der Einrichtung die Defizite genau bekannt zu geben. In der Einrichtung wird dann ganz individuell mit dem Jugendlichen gearbeitet. So ist es häufig schon gelungen, solche Jugendlichen zum Lehrabschluss zu bringen – natürlich auch bei längerer Ausbildungsdauer, weil es sich hier um die schwachen Jugendlichen handelt – und an die Lehrabschlussprüfung heranzuführen.

Mit der Einführung der Vorlehre ist dieses Modell ausgeschaltet worden. Das ist sehr schade, denn jetzt fällt diese ganz persönliche, individuelle Unterstützung und Betreuung, die die Jugendlichen in diesem Segment brauchen würden, einfach weg, weil sich im Betrieb – dies ist aus der Erfahrung gesprochen – niemand die Zeit nimmt, mit benachteiligten Jugendlichen ganz speziell zu arbeiten, sondern da werden sie eher als billige Arbeitskräfte herangezogen.

Meine Damen und Herren! Es ist schade, dass diese erfolgreichen Maßnahmen, die da und dort über Initiativen geschaffen wurden, mit der Novelle dieses Gesetzes ausgeschaltet werden. Es ist für uns als SPÖ und als Gewerkschafter ein besonderes Anliegen, diese benachteiligten Jugendlichen ganz speziell zu betreuen, und das ist jetzt nicht mehr möglich.

Durch diese Novelle gibt es, wie gesagt, massive Verschlechterungen für die betroffenen Jugendlichen. Die Regierungsparteien machen hier einen Rückschritt. Es passiert anscheinend alles unter der Maxime: Gewinn geht vor Chancen für die Jugend. Bei all den Maßnahmen, die hier gesetzt werden, zahlen die Jugendlichen und die Arbeitnehmer die Zeche. Ich bin schon sehr gespannt – aber einige haben es schon angekündigt –, wie vor allem die ÖAAB-Vertreter diesen Gesetzesvorlagen gegenüberstehen werden.

Zusammenfassend ist vielleicht noch anzumerken: Das Auffangnetz für lehrstellensuchende Jugendliche wird zerrissen, und Stiftungen werden gestrichen. Die Ausbildungszeit in Lehrgängen wird nicht mehr anerkannt. Die Probezeit für Vorlehrlinge wird auf sechs Monate erhöht, die Probezeit für Lehrlinge wird auf drei Monate erhöht. Die Weiterverwendungszeit wird auf drei Monate verkürzt. Die Lehrzeiten werden durch die Einführung einer Vorlehre massiv verlängert: bis zu sechs Jahren – ich habe es bereits angekündigt. Lehrabschlüsse für Vorlehrlinge werden erheblich erschwert beziehungsweise unmöglich gemacht. Lehrlinge werden durch die Verlängerung der Lehrzeit für den Lehrbetrieb immer billiger.

Meine Damen und Herren! Die Änderungen im Bereich der Berufsausbildung und der Jugendbeschäftigung gehen massiv zulasten der Jugendlichen und zu Gunsten der Betriebe. Diese Schritte, die Sie hier setzen, sind ein Schritt in die Steinzeit der Berufsausbildung! Die SPÖ wird deshalb diesen Vorlagen nicht die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Marizzi: Bravo!)

22.16

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ledolter. – Bitte.

22.16

Bundesrat Johann Ledolter (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was heute zur Diskussion und zur Beschlussfassung ansteht, ist eine Novelle zur Materie Berufsausbildung. Was wir hier in einer sehr bescheidenen Darbietung vorgeführt bekommen, ist nach dem Lamento von Herrn Bundesrat Drochter eine Fülle von Unterstellungen bis hin zu ehrenrührigen Anschuldigungen und schlecht machenden Behauptungen gegenüber einer Branche, aber auch gegenüber einer Regierung, die hier durch eine Staatssekretärin vertreten ist und die es sich letztendlich auch zum Ziel gesetzt hat, Probleme zu lösen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren vor allem auch von der Sozialdemokratie! Hätten wir nicht in der Vergangenheit einen in vielen Facetten falschen Weg beschritten, dann wäre hier und heute der Handlungsbedarf nicht so groß, wie er sich tatsächlich darstellt! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Schon wieder!)


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