Bundesrat Stenographisches Protokoll 669. Sitzung / Seite 86

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Zweitens – ich schließe mich da sehr gerne meinem Vorredner an – möchte ich sagen: Wir haben seit vielen Jahren diesen Außenpolitischen Bericht als ein Kompendium der österreichischen Außenpolitik im parlamentarischen und im öffentlichen Raum zur Verfügung. Er bildet eine für jeden in diesem Bereich Arbeitenden nahezu unentbehrliche Grundlage, und es ist auch jenen, die heuer für seine Abfassung verantwortlich sind, im besonderen Maße Dank zu sagen.

Natürlich hat ein solcher öffentlicher Bericht ein Maß an Schwäche, das unleugbar, aber auch unausrottbar ist. Wenn wir uns den Länderteil mit unseren vielfältigen Partnerstaaten anschauen, dann ist zu sagen, dass die stereotype Wiederholung der Feststellung, dass die Beziehungen gut und hervorragend sind und weiter verbessert werden, ein bisschen ermüdend ist. Und ich sage ehrlicherweise dazu, dass das auch nicht in jedem Einzelfall wahrheitsgemäß ist. Aber was sollen die Kolleginnen und Kollegen schon hineinschreiben, wenn es nicht so ist, und daher ist das, wenn man ein bisschen zwischen den Zeilen lesen kann, eine durchaus lässliche Sünde.

Ich glaube, dass das jetzt auch eine Gelegenheit ist, jenen Damen und Herren, die – sie haben im letzten Dreivierteljahr einen sehr schweren Rucksack voller kantiger Steine zu tragen gehabt – unser Land gegenüber den Regierungen dieser Partnerstaaten und gegenüber der Öffentlichkeit zu vertreten hatten, zu danken. Ich glaube, dass gerade in dieser kritischen Bewährungsprobe der Diplomatische Dienst Österreichs eine hervorragende Arbeit geleistet hat, für den ihm Dank gesagt werden soll. (Allgemeiner Beifall.)

Ich möchte aus der großen Menükarte, die dieser Außenpolitische Bericht zwangsläufig beinhaltet, viele Themen, die wir in einem anderen Kontext diskutiert haben, nicht nach kurzer Zeit erneut besprechen. Ich will daher weder zur Entwicklung der Europäischen Union noch zu den bevorstehenden Entscheidungen und auch nicht zum Themenkomplex der Osterweiterung Stellung nehmen, sondern ich möchte in erster Linie eine Frage anschneiden, die, so erscheint mir, eine Lebensfrage unseres Landes ist.

Jedes Land, notabene eines von der bescheidenen Größe Österreichs, muss sich umsehen, wo seine natürlichen Partner sind, also jene Staaten, mit denen es mehr als nur eine augenblickliche Übereinstimmung und so etwas wie eine strategische Orientierung geben kann. Wir haben diese Frage gerade angesichts des im letzten Dreivierteljahr angerichteten Scherbenhaufens mit besonderem Nachdruck zu stellen.

Österreich ist nicht in einer Position – das nicht nur im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft, sondern noch sehr viel mehr in anderen internationalen Zusammenhängen –, sich trotzig auf sich selbst zurückziehen zu können, mit Verweigerung, Blockade zu drohen oder auch nur beleidigt zu sein, sondern wir haben allen Grund, nach Wegen zu suchen, uns offensiv und initiativ in die internationale Entscheidungsfindung einzubringen. Die Frage ist nur – ich lasse hier einmal einen Teil dieses Scherbenhaufens weg –, wo tatsächlich jene Partner gefunden werden können, mit denen uns mehr als nur eine augenblickliche Interessenidentität verbindet.

Es hat seitens der österreichischen Außenpolitik in den letzten Wochen eine – das ist sicher eine denkbare – Option gegeben, als nämlich verkündet wurde, dass sich Österreich für jene Staaten, die nun den Weg in die Europäische Union suchen, zum Fürsprecher machen solle und mit ihnen gemeinsam, wenn sie einmal Mitglied der Union sind, bestimmte politische Konzepte vertreten sollte.

Die kalte Dusche von den angesprochenen potenziellen Partnern kam, nicht ganz unverständlicherweise, sofort. Sowohl von Seiten der Tschechischen Republik als auch von Seiten Polens wurden mühsam die Grenzen der Freundlichkeit noch eingehalten, als dieser Regierung bedeutet wurde, man müsse sich entscheiden, ob man mit diesen Staaten streiten oder eine Partnerschaft bilden will. Das ist tatsächlich die richtige Fragestellung, nur wäre es sinnvoller gewesen, wenn sich die österreichische Bundesregierung selbst diese Frage gestellt hätte, bevor sie sich diese Blamage abgeholt hat.

Wahr ist, dass der Prozess der Erweiterung – jetzt komme ich doch auf ihn zu sprechen – im Interesse unseres Landes liegt, weil auch vom Standpunkt unserer Wirtschaft, aber natürlich auch


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