Bundesrat Stenographisches Protokoll 669. Sitzung / Seite 89

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Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Volkspartei ist und bleibt eine Europapartei Österreichs. Wir bekennen uns zu einem Europa, dessen Einheit auf gemeinsamen Werten, gemeinsamen geschichtlichen Erfahrungen und gemeinsamen wertbezogenen Zielen gegründet ist. Das demokratische Prinzip und das Subsidiaritätsprinzip haben dabei eine zentrale Rolle zu spielen. Die Reform der EU, so wie sie zurzeit diskutiert wird, ist daher für uns von größtem politischen Interesse.

Zur Reform der EU sind meiner Ansicht nach die Kernpunkte genannt worden. Die Reform der Europäischen Kommission hat für Österreich besonderes Gewicht. Jede Schwächung der Kommission geht zulasten kleiner Mitgliedstaaten. Die Kommission ist der Motor der Gemeinschaft. Wer diesem Motor Sand ins Getriebe streut, gefährdet die Europäische Integration.

Der Rückzug auf den Intergouvernmentalismus wäre die Folge davon, und wir Österreicher wissen aus leidvoller Erfahrung, was dies zu bedeuten hat.

Wir wissen, was passiert, wenn ohne klare Spielregeln vorgegangen und nach Gutdünken einiger europäischer Staatsmänner entschieden wird. Die EU braucht Spielregeln, und nur eine starke Kommission kann sie sicherstellen.

Daher ist es auch so notwendig, dass jedes Land gleichberechtigt einen Kommissar entsenden kann. Keinen Kommissar zu haben würde bedeuten, von einem wichtigen informellen Informationsfluss ausgeschlossen zu sein.

Hinsichtlich der Reform der Stimmengewichtung im Rat bin ich Realist. Wenn ein Land wie Österreich beinahe halb so viele Stimmen hat wie Deutschland, dann ist es verständlich, dass dies Unmut erregt. Auf der anderen Seite war es von Anfang an ein Prinzip, dass kleinere Mitgliedstaaten relativ mehr Gewicht haben als große. Ich glaube, in diesem Punkt muss es unser Anliegen sein, dass das Prinzip der relativ stärkeren Gewichtung der kleineren Mitgliedstaaten auch in Zukunft Bestand hat. Hinsichtlich der Wahl des Modells sollte man flexibel sein.

Ich bin überzeugt, dass die Frau Bundesministerin, die anschließend kommt, unsere Interessen in Nizza verteidigen und zusammen mit anderen kleineren Mitgliedstaaten die Erhaltung dieses Prinzips durchsetzen wird.

Wenn Präsident Prodi eine Ausdehnung der Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit in das Zentrum der Institutionenreform gestellt hat, so hat er dies aus guten Gründen gemacht. Zu oft wurden Entscheidungen über Materien, die Einstimmigkeit erfordern, junktimiert und wichtige Reformen verschleppt, verwässert oder umgebracht. (Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner betritt den Saal.)

Ich glaube, es ist daher Zeit, die Liste der einstimmigen Materien zu durchforsten. Durchforsten bedeutet aber gewiss nicht, die Einstimmigkeit abzuschaffen, es gibt Materien, bei denen es essenziell ist, ein Veto zu haben. Die Wassermengenbewirtschaftung zum Beispiel darf auch in Zukunft nicht über unseren Kopf hinweg entschieden werden. Dieses Interesse ist legitim, und wir werden es auch verteidigen.

Frau Bundesministerin! Nachdem Sie nun da sind, kann ich sagen, dass ich weiß, wie schwer unser Stand gerade in Bezug auf den Wasserbereich ist, aber ich weiß auch, wie sehr Sie für unsere Interessen kämpfen.

Die Erweiterung der EU hat für mich europapolitische Priorität. Diese liegt im strategischen Interesse Österreichs, da wir dadurch aus der bisherigen Randlage in das Zentrum eines erweiterten Europas rücken. Die EU-Erweiterung wird den Raum der Stabilität und Prosperität ausweiten. Diese Stabilität ist Grundvoraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung sowie für die innere und äußere Sicherheit.

Natürlich benötigt die Erweiterung eine sorgfältige Vorbereitung. Daher ist insbesondere auch das Erreichen der europäischen Arbeits-, Umwelt- und Sozialstandards zu beachten. Wesentlich ist auch das Erreichen der vorgegebenen Standards im Bereich der inneren Sicherheit und der


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