Sie wissen, ein weiteres Thema der Regierungskonferenz ist Artikel 7 des EU-Vertrages, also jenes Vertragsartikels, der dann zur Anwendung kommen soll, wenn in einem Mitgliedstaat die Menschenrechte und demokratischen Grundprinzipien schwerwiegend anhaltend verletzt werden. Sie wissen, dass Artikel 6 und 7 ursprünglich auf eine Initiative unseres jetzigen Bundeskanzlers und des damaligen Außenministers Dini zurückgehend eingeführt wurden.
Diese Reform, die wir für Artikel 7 anstreben, soll sicherstellen, dass Sanktionsmaßnahmen im rechtsfreien Raum, so wie es eigentlich bei Österreich passiert ist, nie mehr möglich sind. Wir gehen dabei von einem Frühwarnmechanismus aus, aber – das unterscheidet zum Beispiel wieder den österreichischen Vorschlag vom belgischen oder auch in gewisser Weise vom Kommissionsvorschlag – wir wollen eine totale Verrechtlichung des Verfahrens. Wir sind ein Rechtsstaat, wir erwarten uns daher auch, dass die Gemeinschaft möglichst wie eine Rechtsgemeinschaft agiert. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)
In diesem Zusammenhang ist ganz besonders herauszustellen, dass wir natürlich das Anhörungsrecht des betroffenen Staates in allen Stufen des Verfahrens für ganz wesentlich halten.
Für den Bundesstaat Österreich – das ist natürlich gerade hier im Bundesrat sehr wichtig – hat die Stellung des Ausschusses der Regionen selbstverständlich eine besondere Bedeutung. Im Sinne der Stellungnahme der Länder setzen wir uns daher auch ganz besonders für die Aufwertung dieses Ausschusses ein. Hiebei geht es um die Zuerkennung des Organstatus sowie auch um eine Klagslegitimation. Wie Sie aber wissen, haben die Verhandlungsrunden leider gezeigt, dass es einige Länder in der Union gibt, die ein wesentlich zentralistischeres Gefüge haben, und dass daher sehr wenige – vor allem Deutschland, aber auch Belgien – diese weitgehende österreichische Position unterstützen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Regierungskonferenz befasst sich auch mit der Frage, inwieweit den Entwicklungen im Bereich der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik durch entsprechende Vertragsänderungen Rechnung getragen werden muss. Angestrebt werden dabei Beschlüsse über die Schaffung permanenter Strukturen, vor allem eines Politischen und Sicherheitskomitees, eines Militärkomitees und eines Militärstabes.
Darüber hinaus sollen vor allem die Beziehungen zwischen der Union und der NATO geklärt werden. Dabei geht es vor allem um die Möglichkeit der Nutzung von militärischen Mitteln der NATO für EU-geführte Operationen im Bereich des Krisenmanagements. Wie Sie wissen, war vorige Woche auch der NATO-Generalsekretär Lord Robertson in Österreich, und bei dieser Gelegenheit konnte ich mit ihm die Frage dieses Zusammenwirkens von EU und Nato in Fragen der europäischen Sicherheit erörtern. Dabei betonte der Generalsekretär, dass mit dem militärischen Krisenmanagement der gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik und der Nato-Partnerschaft für den Frieden die Unterscheidung zwischen alliierten und nicht alliierten Staaten immer mehr an Bedeutung verliere. Er unterstrich auch, dass man bei der Entwicklung der gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik ganz besonders darauf achten solle, unnötige Duplizierungen zu vermeiden, damit vor allem knappe Verteidigungsmittel nicht vergeudet werden. Dabei wies Robertson auch auf die Bedeutung der transatlantischen Verbindungen mit den USA hin.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage ganz klar und deutlich: Diesen Zielen dient auch das maßgeschneiderte Kooperationsprogramm, das Österreich zur Weiterentwicklung seiner bilateralen Beziehungen zur NATO in Aussicht nimmt. Dabei sollen vor allem durch eine umfassendere Nutzung des im Rahmen von Partnerschaft für den Frieden und Euroatlantischer Partnerschaft bestehenden Kooperationspotentials ein politischer Dialog, die militärische Zusammenarbeit, aber auch die zivile Zusammenarbeit in gewissen Bereichen intensiviert werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alles in allem bin ich zuversichtlich, dass uns in Nizza letzten Endes ein Vertragsentwurf gelingen wird, der den österreichischen Grundanliegen Rechnung trägt, und das liegt – auch das sage ich ganz klar – in unserem ureigensten Interesse. Denn nur, wenn wir Nizza gut schaffen, können wir zur nächsten wirklich großen Vision antreten, nämlich zur Erweiterung der Europäischen Union.
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