Ein weiteres offenes, nicht einfaches Thema sind die Avnoj-Beschlüsse und die Beneš-Dekrete. Die Bundesregierung hat in Punkt 12 ihres Arbeitsprogrammes deutlich gemacht, dass sie um sachgerechte Lösungen in den Fragen der auf Grund der Beneš-Dekrete und der Avnoj-Bestimmungen vertriebenen deutschsprachigen Bevölkerung bemüht sein wird. Österreich hat sich seit 1990, also eigentlich gleich nach der Wende in der damaligen Tschechoslowakei, immer wieder für die Belange der Heimatvertriebenen eingesetzt. Gleiches gilt gegenüber Slowenien, wo vor allem das Denationalisierungsgesetz aus dem Jahre 1991 die Kollektivschuldvermutung und damit verbunden eine Beweislastumkehr enthält.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Diskriminierung ist mit der europäischen Rechtsordnung nicht vereinbar! Das haben wir sowohl in bilateralen Gesprächen als auch im Rahmen der Union immer wieder angesprochen, und wir werden diesen unumgänglichen Dialog unbeirrbar, aber gleichzeitig auch mit Augenmaß weiterführen. (Beifall bei der ÖVP. – Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)
Es muss selbstverständlich auch im Interesse der Beitrittskandidaten liegen, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten und Schatten zu beseitigen. – Wir sind der Auffassung, dass die schrittweise Einbindung beider Staaten in die europäische Rechtsordnung der richtige Weg ist, offene Fragen in den Beziehungen einer Lösung zuzuführen. Gemeinsame Standards der Rechtsstaatlichkeit werden uns, wie ich meine, einer Lösung eher näher bringen als der Versuch, den Beitritt dieser Länder zu blockieren. Letzteres würde nämlich nicht nur die nationalistischen Kräfte stärken, die einer solchen Lösung am ablehnendsten gegenüberstehen, sondern darüber hinaus auch keine Bereinigung des Unrechts aus der Vergangenheit bringen.
Ich möchte auch nicht verhehlen, dass bis zu einer tatsächlichen Erweiterung – wie ich schon erwähnte – noch einige Jahre vergehen werden und sich eine ständige Drohung mit Veto daher abnützt. Das ist also meines Erachtens nicht der zielführende Weg. Daher ist es jetzt sehr wichtig, dass wir die verbleibende Zeit bis zum Beitritt entsprechend nützen. Ich gehe, wie gesagt, davon aus, dass die Union ab 1. Januar 2003 beitrittsfähig sein muss. Es kann dann noch ein oder zwei Jahre dauern, zwischen 2003 und 2005 wird es aber voraussichtlich zu echten Beitritten kommen.
Frau Präsidentin! Gestatten Sie mir, noch ein paar andere Punkte der österreichischen Außenpolitik anzuführen, nachdem ich jetzt vor der Regierungskonferenz einen Schwerpunkt auf die EU gelegt habe. – Darunter befindet sich vor allem der OSZE-Vorsitz in diesem Jahr: Mit der Übernahme dieser Aufgabe haben wir, so glaube ich, einmal mehr deutlich gemacht, dass wir wirklich bereit und willens sind, unseren Beitrag zur Erhaltung des Friedens und der Stabilität in Europa weiterhin zu leisten. Sie wissen, dass es die Aufgaben des Vorsitzes mit sich gebracht haben, dass man sich mit der Situation in allen Problem- und Krisengebieten dieser aktiven Organisation intensiv auseinander setzen musste.
In Südosteuropa gab es eine Reihe sehr positiver Entwicklungen. Ich war am Montag dieser Woche in der Bundesrepublik Jugoslawien, wo es zu einem demokratischen Wandel gekommen ist. Ich habe dort Präsidenten Koštunica, Premierminister Zižic
sowie meinen Kollegen, den neuen Außenminister Svilanovic, aber auch den Koordinator Djindjic getroffen und freue mich, dass ich sagen kann, dass Präsident Koštunica die Bedingungen der OSZE für eine Aufnahme akzeptiert hat und voraussichtlich schon morgen ein eigener Ständiger Rat der OSZE stattfinden wird, im Rahmen dessen die Aufnahme der Bundesrepublik Jugoslawien in die OSZE erfolgen kann.Ich habe Präsidenten Koštunica eingeladen, im Anschluss daran an der großen Ministerkonferenz am 27. und 28. November in Wien selbst teilzunehmen, bei welcher er die drei großen Dokumente der OSZE zu unterzeichnen hat, nämlich einerseits die Akte von Helsinki, andererseits die Charta von Paris sowie die Deklaration von Istanbul. Er hat mir an und für sich zugesagt, dass er kommen wird.
In diesem Zusammenhang halte ich auch noch Folgendes fest: Ich bin heute Morgen aus Washington zurückgekommen, wo ich gestern meinen bilateralen Besuch bei der amerikani
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