Bundesrat Stenographisches Protokoll 670. Sitzung / Seite 86

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Infrastruktur-Finanzierung in Österreich lebensnotwendig ist, weil es eine der letzten Einnahmequellen darstellt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das ist aber schon eine Angelegenheit des Wirtschaftsministers! Einem war Verkehrsminister, wenn ich mich nicht ganz täusche. – Aber mit dem Erinnern hat die ÖVP in letzter Zeit so ihre Probleme gehabt. (Beifall bei der SPÖ.)

Man gibt also vor, statt des beschlossenen halb-offenen dualen Systems ein vollelektronisches einführen zu wollen, obgleich es zu Ersterem zahlreiche Vorarbeiten gibt, zu Letzterem hingegen keine Erfahrungswerte. Gegen die LKW-Maut ist von Beginn an die Frächter-Lobby Sturm gelaufen – mit dem Argument, man solle auf den europäischen Gleichklang warten, insbesondere auf Deutschland. Jetzt, da sich Deutschland für das duale System entschlossen hat, führen wir das vollelektronische ein. – Da stellt sich schon die Frage, wo der Gleichklang bleibt. Jede Verzögerung, jedes Monat Verzögerung bei der Einführung der LKW-Maut kostet dieses Land rund 300 Millionen Schilling.

Dieselbe Zurückhaltung wie gegenüber dem LKW legt die Bundesregierung hinsichtlich des PKWs selbstverständlich nicht an den Tag: Da wird kräftig zur Kasse gebeten, denn die Erhöhung der Kfz-Steuer für LKW ist wirklich nur ein sehr kleiner Tropfen auf einem sehr großen und sehr heißen Stein.

Ähnliches passiert im Bereich der Wohnungsgemeinnützigkeit: Da wird in einer Nacht-und-Nebel-Aktion – anders kann man es nicht bezeichnen – ein Abänderungsantrag zur Geisterstunde eingebracht – das ist wiederum konsequent für diesen Abänderungsantrag –, der in Wahrheit an den Grundfesten der sozialen Wohnpolitik rüttelt. Da werden Zehntausende – insgesamt 106 000 – Mieter in Besitz von Gebietskörperschaften gehörenden gemeinnützigen Bauvereinigungen plötzlich über Nacht neue private Eigentümer bekommen. Da wird suggeriert – etwa im Zusammenhang mit § 20 WGG –, dass das zu keinen Erhöhungen der Wohnkosten führen wird, weil nach wie vor das Kostendeckungsprinzip im WGG Anwendung finden soll. Es fragt sich dann nur, warum ein Privater Häuser kaufen soll, wenn er dies zur Kostendeckung tut und nicht deswegen, um sein Investment refinanzieren zu können.

Selbstverständlich werden die neuen Eigentümer die Möglichkeiten ausschöpfen, die ihnen das Gesetz jetzt gibt – und da gibt es doch einige. Ich brauche mir beispielsweise nur den Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag anzuschauen, der bis dato von den GBVs mit rund 10 S pro Quadratmeter eingehoben wird, wobei 17,20 S gesetzlich möglich sind. Ich bin gespannt, was die privaten Eigentümer da machen werden.

Die Eigenkapitalverzinsung in diesem Bereich ist mit 3,5 Prozent begrenzt. Im Zuge des Verkaufes wird es unvermeidlich zu Umschuldungen, zu Fremdkapital kommen – es muss finanziert werden –, das naturgemäß zu höheren Belastungen führt, die wieder zwischen 5 und 10 S pro Quadratmeter ausmachen können. Hinzu kommen dann in Hinkunft noch Maklerkosten, die in diesem Segment bis jetzt ausgeschlossen waren. – Und das passiert wieder einmal ohne Begutachtung und in dem Wissen, dass dieser Vorschlag mit ziemlicher Sicherheit verfassungswidrig ist.

Darin liegt eine besondere Chuzpe, denn ich unterstelle, dass die Bundesregierung ganz genau weiß, dass es verfassungswidrig ist, der Effekt ist dann nur: Wenn von privaten GBVs diese Bestimmung dann angefochten wird, bleibt dem Verfassungsgerichtshof nichts anderes übrig, als das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz überhaupt aufzuheben. – Dann war es aber nicht die Bundesregierung, die die Wohnungsgemeinnützigkeit in Österreich abgeschafft hat, sondern der Verfassungsgerichtshof. Ich glaube, dass das ein Spiel auf dem Rücken der Mieter ist, das an Zynismus kaum überbietbar ist.

Dabei ginge es auch anders, etwa wenn man wieder auf den Gleichklang mit Deutschland und auf den dortigen Konsolidierungspfad schaut. Dieser Gleichklang mit Deutschland wird von der Wirtschaft immer wieder gefordert. Das gäbe budgetären Spielraum, um etwa die Erhöhung der Energiesteuer, der motorbezogenen Versicherungssteuer, die Halbierung des Arbeitnehmerabsetzbetrages, die Besteuerung der Unfallrenten und so weiter zurückzunehmen. Stattdessen


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