Bundesrat Stenographisches Protokoll 671. Sitzung / Seite 19

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Die Auseinandersetzung, die hier zum Teil angeklungen ist, hat mich in einer Hinsicht ein bisschen verblüfft. Ich mag es aus fraktionellen Gründen bedauern, dass die AHS-Lehrer in ihrer übergroßen Mehrheit nicht in den Reihen der Sozialdemokratie stehen, aber der geradezu frenetische Jubel eines wesentlichen, ja des führenden Teiles der ÖVP-Fraktion, als die Frau Vizekanzlerin den AHS-Lehrern schwere Vorwürfe gemacht hat, hat mich schon ein wenig verblüfft. (Beifall bei der SPÖ.)

Und um Karl Kraus zu zitieren: Wir werden es nicht verabsäumen, diese bedeutende Kundgebung eines wichtigen politischen Führers der Öffentlichkeit mitzuteilen. (Bundesrat Dr. Böhm: Sie sind also für die Politisierung der Schule?) – Nein, ich bin nicht für die Politisierung der Schule, aber Sie wissen so gut wie ich, dass dieser unangenehme Aspekt nicht das zentrale Thema der Auseinandersetzung der Lehrer mit der Regierung war.

Ich sage ganz im Gegenteil zu diesem Konflikt eines: Ich bewundere eine Berufsgruppe, in der jene, die mehr Geld bekommen – das ist ein Ergebnis dieser Lösung, die die Bundesregierung getroffen hat –, aus Solidarität mit jenen, die ihren Job verlieren, sagen: Wir wollen diese gar nicht so unwesentliche Mehreinkunft nicht. Wir wollen wie bisher einen Teil, einen ganz kleinen Teil unserer Lehrverpflichtung nicht wahrnehmen, aber dafür jungen Kolleginnen und Kollegen die Berufstätigkeit und den Einstieg in den Beruf ermöglichen. (Beifall bei der SPÖ.)

Hut ab vor einer Gruppe, die aus Solidarität mit den Schwächsten ihres Standes streikt! Ich würde mir dieses soziale Bewusstsein, dieses Mitgefühl auch von den Dienstherren – oder -herrinnen in diesem Fall – der Lehrer wünschen. Und ich würde mir vor allem eines wünschen: Dass das, was Kollege Schöls hier eingebracht hat, verstanden wird.

Ich halte es für einigermaßen merkwürdig, wenn die Frau Vizekanzlerin es als betriebliche Mitbestimmung versteht, wenn Herr Prinzhorn seinen Beschäftigten eine Prämie verspricht. (Bundesrat Dr. Böhm: Ist das schlecht?) – Das ist nicht schlecht, und die Kolleginnen und Kollegen werden das mit Handkuss nehmen. (Bundesrätin Schicker: Er verspricht es eh schon seit zehn Jahren!) Aber Mitbestimmung heißt, dass der, der auf der anderen Seite im sozialen Dialog sitzt, nicht ein Kuvert über den Tisch gereicht bekommt, sondern entsprechende Unterlagen erhält, auf Grund derer darüber verhandelt werden kann, wie hoch eine Prämie zu sein hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie das nicht verstehen, dann haben Sie die Gutsbesitzermentalität des beginnenden 19. Jahrhunderts.

Es werden nicht mehr viele wissen: In diesem Haus war es einmal üblich – in diesem Haus, im Parlament; das muss ein spätes Erbe der Monarchie gewesen sein –, dass die Weihnachtsgratifikation im verschlossenen Kuvert vom Präsidenten des Nationalrates jedem einzelnen Mitarbeiter des Parlaments ausgehändigt wurde – ohne Handkuss, aber trotzdem. Präsident Anton Benya, ein Gewerkschafter, hat es verstanden, was das an Demütigung und Abhängigkeit bedeutet, und diese unsägliche Praxis abgeschafft. (Beifall bei der SPÖ.) – Vielleicht hat Herr Vizepräsident Prinzhorn dieselbe Größe seinen Beschäftigten gegenüber. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

12.55

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? (Bundesrat Ledolter: Es waren doch Sozialdemokraten, die die Ersten Präsidenten waren, oder? – Gegenrufe bei der SPÖ.)  – Nachdem nicht mehr das Wort vom Rednerpult her gewünscht wird, sondern offensichtlich Zwiegespräche bevorzugt werden, sage ich: Die Debatte über diesen Tagesordnungspunkt ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.


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