Bundesrat Stenographisches Protokoll 672. Sitzung / Seite 32

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Ich bin mir dessen bewusst, dass man in Österreich immer dazu geneigt hat zu sagen, diese Osterweiterung bringe uns primär Chancen. Ich gehe den vorsichtigeren Weg und sage, es sind Chancen und Risiken damit verbunden. Vor allem muss man jene Bundesländer verstehen, die mehr Risiken sehen, da sie sich in unmittelbarer Grenznähe befinden. Da Österreich jener Staat innerhalb der Europäischen Union ist, der die längste gemeinsame Grenze mit den potenziellen Mitgliedstaaten hat, sollten wir die Fragen, die dabei zu klären sind, sehr ernsthaft behandeln, denn sie können letztlich, wenn sie unsachgemäß entschieden werden, zu einem Rückschlag der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung in einzelnen Bundesländern führen.

Als man vor wenigen Jahren noch darüber diskutiert hat, ob es überhaupt zulässig ist, Gedanken darüber anzustellen, dass eine Osterweiterung auch entsprechende Übergangsfristen, etwa auf dem Arbeitsmarkt, braucht, hat es immer wieder geheißen, dass das sozusagen ein europafeindlicher Gedankengang sei.

Heute, spätestens nach der Erklärung des deutschen Bundeskanzlers Schröder, der plötzlich auch für mindestens siebenjährige Übergangsfristen auf dem Arbeitsmarkt eintritt, sind wir so weit, dass wir wissen, dass diese auch von mir immer wieder artikulierten Notwendigkeiten offenbar ihre Berechtigung haben, und dass wir davon ausgehen müssen, dass jeder Schritt zur Erweiterung der Europäischen Union auch vor dem Hintergrund zu erfolgen hat, dass das nicht um den Preis des Verlustes von Arbeitsplätzen und Beschäftigungsmöglichkeiten für heimische Beschäftigte in Österreich passieren darf, sondern dass das in einer Weise erfolgen muss, mit der keine Konkurrenz durch Billigarbeitskräfte für etablierte Facharbeiter in Österreich entsteht, worauf ich mit aller Deutlichkeit hinweisen möchte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben aber auch ein weiteres Problem, das sich bei all jenen Bundesländern abzeichnet, die, so wie Kärnten, durch eine Randlage und Grenzlandsituation herausgefordert sind, und zwar die Situation in der Landwirtschaft. Die Erweiterung der Europäischen Union würde zweifelsohne auch auf dem Sektor der Landwirtschaft einen erheblichen Anpassungsbedarf und auch Anpassungsprobleme mit sich bringen. Gerade unter dem Eindruck der BSE-Krise sollte man nicht verhehlen, dass es zusätzliche Gefahrenmomente gibt, denn wir wissen ganz genau, dass das jetzige Marktentlastungsprogramm, das die EU durch so genannte Notschlachtungen von Millionen von Tieren versucht, letztlich auch vor dem Hintergrund gesehen werden kann, dass man offenbar für den zukünftigen starken Agrarmarkt der Osthandelsländer in Europa ein bisschen Platz machen will. Aber auch das kann nicht der Weg einer Landwirtschaftspolitik sein, die die bodenverbundene Landwirtschaft in unseren Regionen unterstützt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zum Dritten glaube ich, dass wir darauf hinweisen sollten, dass die europäische Weiterentwicklung selbstverständlich auch in unseren Ländern entsprechende Investitionen in die Infrastruktur notwendig macht. So sehr ich verstehe, dass es in den vergangenen Jahrzehnten eine entsprechende offensive Investition in die Infrastruktur der Ost-West-Achse gegeben hat, so wichtig erscheint es mir doch, darauf hinzuweisen, dass es auch südliche Bundesländer gibt, die selbstverständlich auch das Recht haben, bei einer sich verändernden europäischen Gesamtsicht im Bereich der Infrastruktur so ausgestattet zu sein, dass sie mit ihren zukünftigen neuen Nachbarn, aber auch Mitkonkurrenten wettbewerbsfähig sein können.

Das erfordert zweifelsohne einen erheblichen Investitionsaufwand für die Infrastruktur, wobei es um einen Nachholbedarf vor allem für die südlichen Bundesländer Steiermark und Kärnten geht – dies umso mehr, als in den letzten Jahrzehnten keine ernsthafte Verkehrspolitik betrieben worden ist, die auf diese veränderte Situation Rücksicht genommen hat.

Ich darf Sie darauf hinweisen, dass die Vorgängerregierung – persönlich durch den damaligen Bundeskanzler Mag. Klima – der so genannten Korridor-5-Lösung zugestimmt hat. Das heißt, dass die EU-Achse in Richtung Osteuropa, Südosteuropa an Österreich vorbeigehen soll, sozusagen im Süden an Österreich über den slowenischen, kroatischen und ungarischen Bereich vorbeigehen soll, womit eine wesentliche Verkehrsachse, die auch eine Entwicklungsachse für die österreichischen Bundesländer Steiermark, Kärnten, Burgenland und Niederösterreich dar


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