Bundesrat Stenographisches Protokoll 672. Sitzung / Seite 35

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Denken Sie nur zum Beispiel daran, dass heute die Einstellung einer Sekretärin im Landesschulrat eine Entscheidung ist, die das Ministerium und nicht der eigentlich zuständige Landesschulrat zu treffen hat! Denken Sie nur daran, wenn Sie einen Gärtner in irgendeinem Schulbereich einsetzen wollen, dann ist das eine ministerielle Entscheidung, die über viele Monate hin und her gewälzt wird!

Denken Sie daran, dass wir zwar eine Universitätsautonomie haben, die einstmals erkämpft worden ist und als eine große Errungenschaft des liberalen Verfassungsstaates gegolten hat – es wurde gefeiert, dass es die starke Autonomie der hohen Schulen gibt –, dass diese Autonomie aber inzwischen sehr stark an die kurze Leine des Zentralstaates genommen worden ist. So musste etwa die Karenzvertretung eines Universitätsassistenten so lange hin und her geschoben werden, dass sie letztlich sogar zu einer Entscheidung der Bundesregierung geworden ist.

Oder die Berufung eines Universitätsassistenten hat hinsichtlich seines Anstellungsvertrages insgesamt ein Jahr und fünf Monate gedauert, bis das zuständige Bildungsministerium dann eine ohnedies als "No-na"-Entscheidung zu bezeichnende Fixierung getroffen hat.

Wer sich das anschaut, der weiß, dass die Praxis im täglichen Verwaltungsvollzug nicht nur undurchschaubar, sondern meines Erachtens auch untragbar geworden ist. Deshalb sollte man jetzt die Chancen für die Staatsreform nutzen und jene Dinge in Angriff nehmen, die einfach nicht mehr logisch sind oder in einer modernen Verwaltungsorganisation nicht mehr zeitgemäß erscheinen, um auch mit einer Wettbewerbsordnung in der Privatwirtschaft Schritt halten zu können.

Dabei geht es nicht um die großen Entwürfe wie eine gesamte Bundesstaatsreform, die in einem Perchtoldsdorfer Paktum fixiert wird, aus dem dann ohnedies nichts wird, sondern es geht vielmehr darum, in den nächsten sechs Monaten konkrete überzeugende Schritte zu Stande zu bringen, die sowohl den Ländern wie auch dem Bund das Leben etwas erleichtern und den Staatsbürger von unnötigen Belastungen befreien können.

Die Chancen dafür sind gut – einerseits weil wir uns selbst die Frist gesetzt haben, andererseits weil wir durch die Budgetprogramme innerhalb der Europäischen Union und durch die Maastricht-Kriterien auf allen Ebenen der österreichischen Gebietskörperschaften gezwungen sind, einen schlanken Staat zu organisieren oder ihn schrittweise möglich zu machen, wozu zweifelsohne gehört, dass man Parallelbehörden bei Bund und Ländern, die beide das Gleiche tun oder beide gleichartige Kompetenzen haben, in jedem Fall abschafft.

Denken Sie nur etwa an die Parallelität zwischen den Sozialämtern in den Bundesländern einschließlich der Bezirkshauptmannschaften und Landesregierungen und den Bundessozialämtern, die im Grunde genommen mehr oder weniger parallel nebeneinander arbeiten und zusätzlichen Aufwand verursachen. Denken wir aber auch daran, dass im Bereich der heute gerade in der Fragestunde so lebhaft diskutierten Sozialversicherungsreform ein dringender Handlungsbedarf besteht!

Es gibt immerhin etwa 45 oder 46 Sozialversicherungsträger – einschließlich der 17 Krankenkassenfürsorgeträger, die es für den öffentlichen Dienst noch gibt –, die für ein solch kleines Land eine Vielfalt gewährleisten, die unter dem Gesichtspunkt einer ökonomischen Verwaltung nicht mehr gerechtfertigt erscheint. Wenn man sich allein den Hauptverband der Sozialversicherungsträger anschaut, in dem es 46 Referate für Fachbereiche gibt, dann sieht man, dass diese eher pro forma angelegt sind, weil sich dort außer einem Referatsleiter, einem Stellvertreter und einer Sekretärin in den meisten Fällen ohnedies nichts mehr abspielt. Wenn Nachbesetzungen notwendig sind, dann passieren jahrelang keine, weil man sich politisch nicht einigen kann, aber ich meine, wenn in der Sache trotzdem kein Fehlbestand spürbar ist, dann ist zweifelsohne auch dort die Legitimation für eine tief greifende Veränderung gegeben.

Zum Dritten glaube ich, dass die Chancen gut stehen, weil durch die neue Bundesregierung und durch eine Neugestaltung der koalitionären Zusammenarbeit zweifelsohne der alte Proporz tot ist, und es sollte auch kein neuer Proporz geschaffen werden. (Bundesrat Gasteiger: Hört,


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