Bundesrat Stenographisches Protokoll 672. Sitzung / Seite 36

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hört! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es sollte also die Chance genützt werden, im Rahmen dieser Verwaltungsreform ein Ende des Proporzstaates – ich freue mich, dass die Sozialdemokraten das mit Genugtuung sehen – zu Stande zu bringen (Bundesrätin Schicker: Das stimmt nämlich nicht, Herr Landeshauptmann!), denn dann bin ich mir sicher, meine Damen und Herren, dass auch die Sozialdemokratie im Hohen Haus und im Bundesrat für eine Zweidrittelmehrheit sorgen wird, um die Verfassungsgesetze, mit denen der Proporz fixiert ist, endlich abzuschaffen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Marizzi: Die Botschaft hören wir wohl, allein es fehlt uns der Glaube! – Bundesrätin Fuchs: Keine Blauen mehr! – Bundesrat Würschl: Beim Wort genommen! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Wir haben diesbezüglich gute Chancen, meine Damen und Herren! (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie haben die Chance, mit uns, wenn Sie die Zweidrittelmehrheit in beiden Häusern gewährleisten, diesen Proporz endgültig zu beseitigen, und das ist die Mutprobe, die Sie hier noch abzulegen haben, damit man erkennt, dass es Ihnen ernst ist.

Meine Damen und Herren! Niemand bestreitet zum Beispiel, dass es einen dringenden Nachholbedarf im gesamten Schulbereich gibt. Im Bundesland Kärnten ist erstmals nach 50 Jahren von der ÖVP und den Freiheitlichen ein Objektivierungsgesetz beschlossen worden, mit dem die proporzmäßige Besetzung der Posten von Schuldirektoren im Pflichtschulbereich beseitigt worden ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Prähauser: Wie bei der Hofreitschule!) Das sind Errungenschaften, die beweisen, dass es besser und anders geht und dass es notwendig wäre, Bezirksschulräte und Landesschulräte, die derzeit nach den politischen Stärkeverhältnissen zusammengesetzt sind, zu beseitigen und dafür einer objektivierten Gesetzgebung das Wort zu reden. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege Marizzi! Letztlich darf ich noch darauf verweisen, dass die Chancen für eine echte Verwaltungsreform auch deshalb gut stehen, weil wir mit dem EU-Beitritt eine zusätzliche fünfte Verwaltungsebene dazu bekommen haben, die den in Österreich vorhandenen Aufwand in der Form nicht mehr rechtfertigt. Das heißt, diese fünfte Ebene zwingt uns, im eigenen Bereich darüber nachzudenken, ob wir uns all das noch leisten wollen, was es derzeit an Entscheidungshierarchien im eigenen Lande noch gibt.

Das würde bedeuten, dass wir, wenn die Verwaltungsreform Sinn machen soll, in Zukunft Scheinreformen verhindern. Es hat viele Scheinreformen gegeben, die aus kosmetischen Gründen gemacht worden sind. Ich denke etwa daran, dass man eine Menge Gesellschaften gegründet hat, in denen öffentliche Aufträge bearbeitet werden: etwa die Straßengesellschaften, die ASFINAG, die ÖSAG, die SchIG, die Schieneninfrastrukturgesellschaft oder die HL-AG – all das sind Institutionen, die in Wahrheit öffentliches Geld verwalten, zu 100 Prozent im öffentlichen Eigentum sind und wahre Geldvernichtungsmaschinen geworden sind, weil sie sich einer sachgemäßen, auch von der Verfassung vorgesehenen Kontrolle entziehen. Sicherlich werden sie aber für den Lustgewinn von Spitzenbeamten genützt (Beifall bei den Freiheitlichen), denn dort kann man zweifelsohne als Aufsichtsrat ein bisschen wie in einem Trainingscamp die Wettbewerbswirtschaft erproben und sehen, wie es in der Privatwirtschaft zugehen könnte.

Oder denken Sie an die Auflösung des Bundesamtes für Zivilluftfahrt und die Einführung der Austro Control! Da sind die Gebühren um ein Vielfaches gestiegen, das Service ist nicht besser geworden, und die Zahl der Direktoren ist gestiegen – Direktoren, die sowohl beamtete Verträge als auch privatwirtschaftliche Verträge haben. Die "besondere Leistung" besteht darin, dass die Direktoren jetzt einen eigenen Jet zur Verfügung haben, um von Flughafen zu Flughafen zu fliegen. Aber sonst hat sich dort nichts geändert.

Des Weiteren müssen wir meines Erachtens, wenn wir diese Scheinreformen sehen, auch erkennen, dass einen dabei in den darauf folgenden Jahren immer sehr schnell wieder die Wirklichkeit einholt. Und diese Wirklichkeit ist relativ nüchtern.

Die allgemeine Verwaltung in Österreich ist, wenn man die Kostenaufwendungen in den Budgets betrachtet, um 10 Prozent teurer, als sie in Deutschland ist, und sie ist um 50 Prozent


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