Bundesrat Stenographisches Protokoll 672. Sitzung / Seite 78

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und Dr. Nittmann. ) Jene Kolleginnen und Kollegen, die den "Inlandsreport" gesehen haben – wir alle sind hart im Nehmen –, wissen, dass den Ferkeln ohne Betäubung und ohne, dass ihnen irgendetwas Schmerzstillendes gegeben wird, einfach die Zähne gezogen werden, dass ihnen die Schwänze bei lebendigem Leib abgeschnitten werden, dass die Ferkel so in Boxen hineingestellt werden, dass die Gurten tief ins Fleisch gehen. (Bundesrat Dr. Nittmann: Das ist Barbarei!)  – Das ist die Ethikdebatte, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das gehört zur Ethikdebatte dazu!

Sie haben gemeint, jetzt hat eben die ehemalige Konsumentenschutzministerin die Verantwortung. Wissen Sie, wer die Verantwortung hat? – Die Gesellschaft hat die Verantwortung! (Bundesrat Dr. Nittmann nickt zustimmend.) Ich kann mich erinnern: Mein Großvater stammt aus Kärnten, und als meine Eltern gestorben sind, habe ich vier Jahre lang in den Ferien dort am Bauernhof arbeiten können. Da war bei den Menschen eine andere Ethik in Bezug auf Tiere! – In Wirklichkeit haben die Landwirtschaft und die landwirtschaftliche Industrialisierung dazu geführt, dass diese Krise entstanden ist. (Bundesrat Dr. Nittmann: So ist es!) Diese Krise ist eine der schwersten Krisen der Landwirtschaft, aber nicht weil die Leute und die Konsumenten so schlimm sind, sondern weil die Politik falsch war, weil man in Richtung Großagrarindustrie gegangen ist. (Bundesrat Ing. Gruber: In Österreich haben wir das ja nicht gemacht!) – Aber bitte, bei einem Anteil von 10 Prozent? Die Biobauern gehen doch ohnedies alle ein – das hätten Sie in der letzten Sendung im Fernsehen sehen können.

Wissen Sie, warum das passiert ist? – Ich sage es Ihnen jetzt – Sie wollen das nicht hören –, vielleicht etwas vereinfacht und verkürzt: Kreisky hat die Bergbauern gefördert – das war gut so –, und in eurer Zeit sind die Großbauern gefördert worden! Das war die ÖVP! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Dr. Nittmann. ) Ich sehe weit und breit, um das jetzt politisch zu benennen, keinen einzigen blauen Entscheidungsträger in der Landwirtschaft, ich sehe schon überhaupt keinen roten Entscheidungsträger in der Landwirtschaft, und ich sehe schon gar keinen grünen! Das landwirtschaftliche Ressort, Kollege Gruber, ist in den letzten 15, 20 Jahren ÖVP-dominiert gewesen, und ihr habt die Politik gemacht! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Dr. Nittmann.  – Bundesrat Keuschnigg: ... 1986!)

Wenn wir jetzt von der Ethikdebatte reden, dann hören Sie mir einmal zu: 600 Milliarden Schilling werden jährlich in der Europäischen Union für die Landwirtschaft ausgegeben, und das, was sich jetzt zeigt, ist, dass wir in der Landwirtschaft eine der schwersten Krisen haben. Es betrifft nicht nur die Bauern, es betrifft auch die verarbeitenden Betriebe, und es betrifft letztendlich die Konsumenten. Wir haben in der Zwischenzeit nämlich eines gemacht: Wir haben die großen Agrarindustrien gefördert. Dadurch sind BSE und all die anderen Probleme, die wir jetzt haben, entstanden (Bundesrat Ing. Gruber: In der EU!) – in der EU und auch in Österreich –, und jetzt sollen die Konsumenten nochmals bezahlen (Bundesrätin Haunschmid: Das kommt ja gar nicht in Frage!), weil die Leute in Brüssel und auch in Österreich dafür eintreten. – Ich bin froh, dass sich Molterer dagegen wehrt, aber es treten Bauernfunktionäre auf, die gemeint haben: Ja dann vernichten wir eben die 1,5 Millionen Rindviecher und verbrennen sie halt! (Bundesrätin Schicker: Und die Konsumenten sollen es zahlen!)  – Und die Vernichtung des guten geförderten Fleisches soll jetzt wieder vom Konsumenten bezahlt werden!

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP! Sie können sich jetzt nicht "schrauben"! Sie haben das Landwirtschaftsministerium gehabt, und ich kann mich nicht erinnern, dass Fischler irgendwann einmal Parteimitglied bei den Blauen, bei den Roten oder bei den Grünen war. Das war und ist ein Schwarzer, und er hat die politischen Richtlinien auf das Reißbrett der Politik in der Landwirtschaft gezeichnet. Das müssen Sie doch endlich zugeben! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Dr. Nittmann. )

Meine Damen und Herren! Ich mache es mir jetzt nicht leicht, denn ich sage: Minister Molterer soll nicht zurücktreten! – Sie haben gemeint, die Linken würden das wieder fordern, dass Minister Molterer zurücktritt. – Nein, er soll überhaupt nicht zurücktreten, denn er kann überhaupt nichts dafür, aber er muss sich von diesem System trennen. Dieses System, in das auf der einen Seite das meiste Geld hineingepumpt wird – 600 Milliarden in der Europäischen Union, Milliarden in Österreich –, schadet in Wirklichkeit dem Bauern, dem so genannten kleinen, flei


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