Bundesrat Stenographisches Protokoll 672. Sitzung / Seite 94

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der die Frage: Wer beurteilt, was angemessen ist? Heißt das jetzt flächendeckender "Musikantenstadl" statt Schönberg, Robert Johnson und anderen?

Hinzu kommen "Kleinigkeiten" – unter Anführungszeichen – wie der Passus, dass in der Werbung keine Personen auftreten dürfen, die regelmäßig Nachrichtensendungen und Sendungen zum politischen Zeitgeschehen vorstellen. Das ist an und für sich eine sinnvolle Bestimmung, es stellt sich nur die Frage, warum Horst Friedrich Mayer im ORF zur Bewerbung der Bundesregierung etwas tun darf, was den Privatradios verboten sein soll.

Etliche der angeführten Punkte wurden zwar, wie gesagt, aus dem Regionalradiogesetz übernommen, machen das Privatradiogesetz aber in diesem Bereich um nichts besser, wobei der Kernpunkt unserer Ablehnung ein anderer ist, nämlich die Lockerung der Beteiligungsgrenzen für die Medienunternehmer. Ich gestehe schon zu, dass die Absicht unter anderem gewesen sein mag, Radiobetreibern eine bessere finanzielle Grundausstattung zu sichern, vor allem um auch nicht-kommerzielle Programme zu fördern und kulturelle Randprogramme, wie ich erwähnt habe, verstärkt durchführen zu können. Ich glaube nur, dass das nicht eintreten wird, denn die Konzentration auf dem Medienmarkt in Österreich zeigt, dass die Meinungsvielfalt auf diesem Markt nicht unbedingt das größte Gut ist.

Die nunmehr vorgeschlagenen Lockerungen im Privatradiobereich scheinen eine ebensolche Konzentration zu begünstigen. Möglicherweise ist dieses neue Marktanteilsmodel dennoch der zielführende Weg, ich hoffe es, ich glaube es allerdings nicht, und darin ist auch meine Ablehnung begründet. Zudem steht ein diesbezügliches Gutachten auch noch aus.

Ich denke, man hätte statt dessen auch den Weg einer finanziellen Förderung von nicht-kommerziellen Radiobetreibern, ähnlich der Presseförderung, gehen können. Es gibt verschiedene, auch international verschiedene Modelle, wie man das hätte machen können. Wenn uns Demokratie und Meinungsvielfalt im Printmedienbereich etwas wert sind – ich glaube, zu Recht etwas wert sind –, dann sollte man diesen Weg auch beim Rundfunk diskutieren. Demokratie gibt es schließlich nicht gratis.

Medienkonzentration heißt automatisch Machtkonzentration, und Machtkonzentration ist selten mit verstärkter Demokratie kompatibel gewesen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.28

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Herwig Hösele. Ich erteile ihm das Wort.

14.28

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das uns heute vorliegende Privatradiogesetz bedarf, wie schon ausgeführt wurde, möglichst rasch einer Ergänzung durch ein "KommAustria"-Gesetz, weil erst durch die dort einzurichtende Regulierungsbehörde die entsprechenden künftigen Lizenzvergaben und andere wichtige Maßnahmen erfolgen können. Dennoch ist das vorliegende Gesetz ein wichtiger Mosaikstein auf dem Weg zur notwendigen vollen Ausprägung des dualen Systems im Bereich der audiovisuellen Medien in Österreich.

Es geht um faire Rahmenbedingungen in einem dualen System, in dem sich der öffentlich-rechtliche ORF und private Rundfunkveranstalter sinnvoll ergänzen. Ein Blick in die Praxis zeigt, dass Österreich, wie der im Jänner veröffentlichte Radiotest über die Tagesreichweiten der österreichischen Radiostationen im zweiten Halbjahr 2000 beweist, auf dem Weg zum dualen System voranschreitet – zumindest auf dem Hörfunkmarkt.

75,9 Prozent oder 5,3 Millionen Österreicher hören täglich eines der ORF-Programme, während 22,8 Prozent eines der österreichischen Privatradios hören, das sind rund 1,6 Millionen Hörer. Bis 1998 waren es mit Ausnahme der Steiermark – diesen Spezialfall spreche ich dann noch an – null. Im vorigen Jahr waren es 20,9 Prozent, jetzt sind es schon 22,8 Prozent, und in der Zielgruppe der 14-jährigen bis 49-jährigen hören sogar 31 Prozent Privatradio. Das heißt: wir sind zumindest auf dem Hörfunkmarkt auf dem Weg zum dualen System.


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