Bundesrat Stenographisches Protokoll 672. Sitzung / Seite 146

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Ein zweites Thema kommt verstärkt auf uns zu: Ich habe in den letzten Tagen den Medien die Klage darüber entnommen, dass es die ÖBB-"Vorteils-Card" zum Halbpreis nur noch via Internet und A1-Handy gibt. So ganz stimmt das nicht. Aber es ist zweifellos so, dass ein Internet-User einen finanziellen Vorteil bei der Bestellung einer solchen "Vorteils-Card" hat. Das rührt an ein Problem, mit dem wir uns in Zukunft gemeinsam mit der Volksanwaltschaft stark auseinander setzen müssen.

Durch die wissenschaftliche Literatur geistern heute schon Fachausdrücke wie die Anglizismen "digital divide" oder "e-inequality". Das meint nichts anderes als eine neue Spaltung der Gesellschaft, eine neue Form von Analphabetismus, nämlich bei denjenigen, die keinen Internet-Zugang haben – solche wird es noch eine erhebliche Zeit lang geben – oder ihn nicht in einer sachgerechten Weise, wie das von der Behörde vorausgesetzt wird, nutzen können. Wenn wir wissen, für wie viele Leute es heute schon schwierig ist, ein Papierformular sachgerecht auszufüllen, und wie oft dabei Hilfe in Anspruch genommen werden muss, dann kann man sich leicht ausmalen, welche Hindernisse dem elektronischen Ausfüllen eines Formulars am PC, dem Abschicken und so weiter entgegenstehen werden.

Hier denke ich, dass bei allem Bemühen, e-Government zu fördern und auch elektronische Behördenerledigungen, den papierlosen Akt und die papierlose Kommunikation zwischen Bürger und Verwaltung voranzubringen, auf diesen Umstand nicht vergessen werden darf. Es wird noch erhebliche Zeit viele Bürger geben, die dieses Mediums als Kommunikationsform mit der Behörde nicht mächtig sein werden. Ich glaube, wir müssen viel Nachdenklichkeit dafür einsetzen, dass diese Leute nicht unter die Räder kommen.

Das Beispiel ÖBB-"Vorteils-Card" ist ein warnender Hinweis in diese Richtung. Es wäre ganz abträglich, wenn das nicht nur bei einem nunmehr ausgegliederten oder vielleicht auch privatwirtschaftlich tätigen Unternehmen feststellbar ist, sondern wenn es in den Bereich der staatlichen Aufgabenerfüllung hineinreichen würde, dass derjenige, der über die von der Behörde vorausgesetzte Kommunikationsfähigkeit nicht verfügt, Nachteile hat – sicherlich nicht finanzieller Art, aber etwa hinsichtlich der Erledigungsdauer, der Zugänglichkeit und dergleichen mehr.

Ein Zweites möchte ich noch sagen, weil jetzt viel von Konzentration der Behörden und dergleichen gesprochen wird. Da gibt es sicherlich Rationalisierungspotenzial. Aber man sollte sich nicht an Vorstellungen annähern, wonach die Verwaltung sozusagen als Maschine funktioniert, in die der Bürger ein Anliegen hineinwirft und am Schluss die Erledigung herauskommt. So lange es sich noch um Menschen handelt, die mit dem Staat in Berührung treten und von ihm etwas wollen, oder von denen unter Umständen der Staat etwas will, solange wird es auch auf der anderen Seite Menschen brauchen und nicht nur PCs und automatisierte Erledigungen – so wichtig und vorteilhaft diese für alle auch sein können.

Ich sehe, dass das ein sehr reichhaltiges Betätigungsfeld für die Volksanwaltschaft sein wird, und ich denke, dass wir sie dabei nach besten Kräften unterstützen wollen. (Allgemeiner Beifall.)

19.30

Präsident Ing. Gerd Klamt: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Brunhilde Fuchs. Ich erteile ihr dieses.

19.30

Bundesrätin Brunhilde Fuchs (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen Volksanwältinnen! Herr Volksanwalt! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Bericht der Volksanwaltschaft 1999 zeigt die vielfältigen Tätigkeiten, die diesbezügliche Problematik, aber auch die Erfolge deutlich auf.

Fast 1 000 Bürger dieses Staates haben sich an die Volksanwaltschaft um unbürokratische Hilfe gewandt. – Ich bedanke mich für diese Arbeit, die von den Volksanwälten geleistet wurde. Ich bedanke mich auch für den Bericht, der für alle Mandatare dieses Hauses eine wichtige Arbeitsgrundlage ist. Herzlichen Dank! (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)


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