Bundesrat Stenographisches Protokoll 672. Sitzung / Seite 151

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von irgendeiner ideologischen Ausrichtung – Einigkeit darüber besteht, dass derartige Versorgungseinrichtungen einer Privatisierung insofern nur schwer zugänglich sind, als damit entweder eine Minderversorgung der Bevölkerung generiert wird oder letztlich die gewinnträchtigen Teile privatisiert und die Verluste sozialisiert werden. Eine Ausdünnung des öffentlichen Verkehrsangebotes kann also genauso wenig ausgeschlossen werden wie steigende Tarife und zusätzliche finanzielle Belastungen für Gebietskörperschaften.

Zugegeben: Es muss nicht so kommen, denn ab und zu sollen auch noch Wunder geschehen. An derartige Wunder scheinen die Koalitionsparteien allerdings selbst nicht zu glauben, denn es wurden im Rahmen des Antrages – und, wie ich glaube, aus gutem Grund – weder die genannten finanziellen noch die ökonomischen Auswirkungen analysiert, und selbst der regierungseigene Verfassungsdienst kritisierte die kurze Begutachtungsfrist in diesem Zusammenhang.

Im Grunde zeigt sich ohnehin, dass die genannten Gefahren zumindest der ÖVP klar sind, aber bewusst in Kauf genommen werden, denn wenn man sich etwas mit dem Alpbacher ÖVP-Programm beschäftigt, dann kann man dort unter anderem lesen: Das Angebot im öffentlichen Verkehr ist an realistischen Nachfragepotenzialen zu orientieren. Und weiter: Nur im Rahmen der Finanzierbarkeit ist auch ein Mindestangebot für periphere Gebiete festzulegen. – Wer also zu abgelegen wohnt, ist selbst schuld!

In Zukunft werden also Private entscheiden, was peripher bedeutet und was finanzierbar ist, und mit dem Rest werden dann die Bevölkerung und/oder die Gebietskörperschaften, insbesondere die Länder und Gemeinden, allein gelassen. Da bekommt der Slogan "Das Land muss leben!" gleich einen anderen Beigeschmack! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Einstellung verlustträchtiger Strecken durch einen privaten Betreiber, der möglicherweise sogar aus dem Ausland, vielleicht aus Frankreich, kommt, lässt sich nicht verhindern. Das bisherige Kostendeckungsprinzip geht dann über Bord. Sogar der Personalchef der ÖBB, der sicherlich nicht im Verdacht steht, der Opposition nahe zu stehen, kritisiert – wie ich meine: zu Recht – den anstehenden Verkauf der Postbus AG, denn es könnte durchaus auch eine heimische Busgesellschaft gebildet werden, etwa durch Zusammenlegen der Postbusse mit den ÖBB-Bussen. Auf die Weise könnten Synergien von etlichen hundert Millionen Schilling wahrgenommen werden, sei es im Werkstattdienst, sei es bei der Abstimmung der Fahrpläne. Stattdessen nimmt man die Möglichkeit des Verkaufes eines Schlüsselunternehmens der öffentlichen Verkehrsversorgung ans Ausland in Kauf, eigentlich nur um die eigene Ideologie befriedigen zu können, und dies vor dem Hintergrund eines europäischen Verkehrsmarktes, der sich immer stärker oligopolistisch konzentriert, was noch selten Vorteile für die Konsumenten gebracht hat. – Meine Fraktion wird daher diesem Antrag nicht die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.52

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Franz Gruber. Ich erteile ihm das Wort.

19.53

Bundesrat Ing. Franz Gruber (ÖVP, Kärnten): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Hoher Bundesrat! Im Hinblick auf die Poststrukturgesetz-Novelle 2000 malt die SPÖ wieder einmal das Privatisierungsgespenst an die Wand. Die Regierung bekennt sich aber zu diesem Schritt, der einer Modernisierung des öffentlichen Infrastrukturnetzes dient. Auch aus diesem Unternehmen wird die Regierung ein florierendes machen, sehr geehrte Damen und Herren!

Durch die Ausgliederung der Postbusse werden wir die Voraussetzungen für ein modernes Busunternehmen schaffen. In Zukunft werden der Postbus und der ÖBB-Bus nicht mehr um die Wette eine Talschaft aufwärts und abwärts ohne Fahrgäste fahren. (Bundesrat Marizzi: Ein Formel-I-Rennen!) Die ländliche Mobilität wird nicht in Frage gestellt, die Mobilität wird durch angepasste Fahrpläne für die ländlichen Regionen verbessert. (Bundesrat Konecny: Wieso wissen Sie das?) Der Slogan von Alpbach "Das Land muss leben!" wird gelebt. (Beifall bei der ÖVP.)


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