Bundesrat Stenographisches Protokoll 673. Sitzung / Seite 83

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

valentes Verhältnis zu dieser Kammer habe und gehabt habe, ist selbstverständlich und liegt natürlich in der Natur der Sache, aber wenn man sich bereit erklärt, in der Öffentlichkeit zu arbeiten, dann ergibt es sich manchmal von selbst, dass man mit derartigen Aufgaben betraut wird. Ich war jahrelang stellvertretender Gremialvorsteher im Textilhandel im Land Tirol und bin noch immer Bundesgremialmitglied, kenne also die Strukturen der Kammer sehr gut.

Ich bin nicht der Meinung meiner Vorredner, Kollegen Ager und Hoscher, dass diese Pflichtmitgliedschaft ewiges Credo bleiben muss und bleiben soll. Das ist, so glaube ich, ein bisschen eine österreichisches Denkart. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass in einer effektiven und gut strukturierten Wirtschaftskammer unbedingt die Pflichtmitgliedschaft auf immer und ewig bleibt. Das kann ich mir nicht vorstellen.

Ich darf nur als Beispiel auf die Effektivität der Industriellenvereinigung hinweisen, die keine Pflichtmitgliedschaft kennt und die, wie ich glaube, in manchen Bereichen anerkannter ist und, wie man weiß, auch ihr Durchsetzungsvermögen besser verwirklichen kann als die Wirtschaftskammer. Ich darf von vielen Enttäuschungen in diesen Jahrzehnten berichten und habe oft festgestellt, dass besonders von Landesregierungen und auch von gewissen Bürgermeistern, so genannten Dorfpaschas, die Wirtschaftskammer praktisch ignoriert oder gar nicht als existent betrachtet wird.

Ich darf Sie im Zusammenhang mit der Einkaufszentren-Verordnung oder der Problematik der Einkaufszentren insgesamt fragen: Wer ist denn für das Sterben der Zentren in den Bezirksstädten verantwortlich? Wer ist denn für das Sterben so vieler Einzelhandelsbetriebe verantwortlich? Wer ist denn verantwortlich dafür, dass der bürgerliche Mittelstand in den letzten Jahren eigentlich unter die Räder gekommen ist? Das ist eine ineffektive Wirtschaftskammer.

Wenn man jetzt so lobhudelt die Abschaffung der Eintragungsgebühr, die bis vor wenigen Jahren noch "Einverleibungsgebühr" geheißen hat – das muss man sich einmal vorstellen, da kann man sich eh schon den "ganzen Zopf" der Kammer vorstellen –, als epochal feiert, dann kann ich das nicht ganz verstehen. Ich kann es nicht feiern, denn das ist erst der erste winzige Schritt des Anfangs einer Reform dieser Wirtschaftskammer. Es ist aber sicher ein Schritt in die richtige Richtung. Und wenn man bei den jungen Unternehmern beginnt, sie mit einer Ersparung zu beglücken, dann soll es uns recht sein.

Abschließend noch eines, und das ist eigentlich nur eine Wiederholung: Die Pflichtmitgliedschaft kann es nicht sein, da muss man andere Überlegungen anstellen. Die Funktionäre der Wirtschaftskammer sind gefordert, die Wirtschaftskammer auf völlig neue Beine zu stellen. Wie gesagt: Die ersten zarten ermutigenden Schritte sind gesetzt, das können aber nur die ersten sein. Meine Fraktion stimmt dieser Vorlage selbstverständlich zu. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.20

Präsident Ing. Gerd Klamt: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Christof Neuner. Ich erteile es ihm.

14.20

Bundesrat Mag. Christof Neuner (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube durchaus feststellen zu können, dass wir in Österreich mit der Sozialpartnerschaft, historisch gesehen, gute Erfahrungen gemacht haben: auf der einen Seite die Vertreter der Arbeitgeber wie Industriellenvereinigung, Wirtschaftskammer, früher Handelskammer, auf der anderen Seite die Arbeitnehmervertreter, Gewerkschaft, Arbeiterkammer. Sie sind zu Kompromissen gekommen, die nicht immer zufrieden stellend waren, aber die Mitglieder haben sich ernst genommen und vertreten gefühlt.

Es ist aber im Laufe der Zeit auch da ein Wandel eingetreten. Ich kann das jetzt nur anhand eines Beispiels, so wie ich das in Klagenfurt erlebe, kurz skizzieren. Früher hat es eben viele Kaufleute gegeben – diese gibt es heute natürlich auch noch – und keine Einkaufszentren; die Beiträge kamen von diesen Mitgliedern. Dann kam die Zeit, in der die Einkaufszentren entstan


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite