Bundesrat Stenographisches Protokoll 673. Sitzung / Seite 99

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

von 4 000 S zahlt pro Jahr um 20 500 S mehr Steuern. Mein drittes Beispiel ... (Bundesrat Ledolter: Ist das existenzbedrohend? – Bundesrätin Fuchs: Für Sie nicht! Sie sind überheblich! – Bundesrat Gasteiger: Für einen Mindestrentner ist es existenzbedrohend! Für Sie nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich habe eigentlich geglaubt, dass erst bei meinem dritten Beispiel der Aufschrei der Bundesräte von ÖVP und FPÖ kommen wird. Ich hätte eher geglaubt, dass das dann für Sie das Beispiel der Überversorgung ist. Wenn das zweite Beispiel schon genügt, dann muss ich sagen: Ich weiß nicht, ob alle in diesem Raum wissen, wie man mit 20 000 S brutto im Monat lebt, wenn man schon davon spricht. (Bundesrat Ledolter: Fragen Sie einmal kleine Gewerbetreibende oder Bauern! Die leben mit weniger! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zu beachten ist auch, dass die Höhe der Unfallrenten nicht zuletzt deshalb sehr niedrig angesetzt war, weil die Unfallrenten bisher nicht steuerpflichtig waren. Bei der Höhe der Unfallrenten durch das ASVG wird davon ausgegangen, dass keine Besteuerung erfolgt. Gebildet wird zunächst eine Bemessungsgrundlage, die von der Höhe des Einkommens in einem Zeitraum vor dem Unfall abhängt. Davon gebühren nur zwei Drittel, weil man von einem durchschnittlichen Steuersatz von einem Drittel ausgeht, und die endgültige Höhe der Unfallrenten hängt dann vom Prozentsatz der Erwerbsminderung ab. Das heißt, die Personen, von welchen ich hier spreche, werden zweimal besteuert. (Bundesrat Ing. Gruber: Das stimmt nicht!) Das stimmt! Der Verfassungsgerichtshof hat in zwei Erkenntnissen festgelegt, dass die Unfallrente nicht nur Einkommensersatz, sondern auch pauschalierter Schadenersatz ist, der Schmerzensgeld beinhaltet und mit welchem erhöhte Aufwendungen und so weiter berücksichtigt werden. Der VfGH hat daher ausgesprochen, dass die Besteuerung von derartigen Schadenersatzleistungen, die auch sonst steuerfrei sind, unsachlich ist.

Die Vertreter der FPÖ-ÖVP-Koalition haben immer wieder – wie auch heute – diese unsoziale Maßnahme verteidigt. So hat zum Beispiel die Generalsekretärin der ÖVP gesagt – ich zitiere einen Satz –: Verantwortungsvolle Politik heißt, zu Beschlüssen zu stehen. Ich sage Ihnen auch, in welchem Zusammenhang sie diesen Satz gesagt hat: Ausgelöst wurde diese Aussage durch das einfache Parteimitglied in Kärnten. Landeshauptmann Jörg Haider kam plötzlich – ich nehme an, es war rein zufällig – zu Beginn des Wiener Wahlkampfes drauf, dass ... (Bundesrat Dr. Nittmann: So wie der Schelm ist, so denkt er!) Ich sage nur, was er gesagt hat!

Er hat es so gesagt. Das können Sie nicht in Abrede stellen! Aber ich verstehe es, dass es Ihnen unangenehm ist, denn so kann man mit den "kleinen Leuten" nicht umgehen, schon gar nicht, wenn man vor Wahlen steht.

Wir Sozialdemokraten haben die Besteuerung der Unfallrenten von Anfang an abgelehnt, weil wir es nicht zulassen, dass die Regierung mit dieser Maßnahme auf die Schwächsten in der Gesellschaft losgeht. Die Besteuerung der Unfallrenten ist ungerechtfertigt und unsozial. Deshalb fordern wir Sozialdemokraten diese Regierung auf, die Besteuerung rückwirkend abzuschaffen! (Beifall bei der SPÖ.)

15.31

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.

15.31

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich sage Ihnen etwas: Ich bin sehr dankbar, dass diese Anfrage gekommen ist, denn so habe ich Gelegenheit, darzustellen, wieso wir heute überhaupt eine Budgetkonsolidierung vornehmen und uns überhaupt mit diesen Fragen beschäftigen müssen. (Bundesrat Kraml: Schon wieder dieser alte Hut!)

Als im April 1970 ein Regierungswechsel stattfand und ein sozialistischer Bundeskanzler die Regierung übernahm, übernahm er geordnete Budgetverhältnisse. Das Defizit betrug damals 7,2 Milliarden Schilling, das entspricht – und ich werde noch auf diese Prozentsätze zurückkom


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite