Bundesrat Stenographisches Protokoll 673. Sitzung / Seite 104

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Wenn Menschen mit Schäden, mit Behinderungen, mit Handicaps 2 Milliarden Schilling in das Budget einbringen sollen, indem man ihnen die Unfallrenten besteuert, dann muss ich Ihnen entgegenhalten, dass jene Besteuerung, die im Bereich der Privatstiftungen angesetzt werden soll, nicht annähernd diese Größenordnung ausmacht. Wenn ich generell die Budgetansätze anspreche, möchte ich Sie daran erinnern, dass 30 Milliarden Schilling aus dem Bereich der Beschäftigten kommen sollen und 17 Milliarden Schilling aus anderen Bereichen. Somit sind wir wieder dort: Es kommt darauf an: Wer bekommt, und wer trägt bei?!

Das sind Auffassungsunterschiede, die ganz einfach unüberbrückbar sind. Sie haben gesagt, dass viele dieser Maßnahmen ihre Ursache in einer Koalition der Vergangenheit haben. Ich muss Sie daran erinnern, dass dieser Koalitionsbruch deshalb zu Stande gekommen ist, weil die Sozialdemokraten diese Umklammerung, verpackt in die Frage: Wer zahlt, und wer nimmt?, nicht mehr aushalten konnten. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun zu den Unfallrentnern: Meine Kollegin Bachner hat schon sehr eindrucksvoll die Fakten dargestellt, ich möchte sie Ihnen allerdings auch nicht vorenthalten, denn sie sind es wert, dass man sie sich ganz einfach in das Gedächtnis einbrennt, um die Bedeutung dieser sozialen Kälte auch wirklich zu spüren.

110 000 Unfallrentner in Österreich, 20 000 davon in Oberösterreich, sind durch Berufskrankheiten und Arbeitsunfälle in diese Situation geraten. Schwere Handverletzungen, Kopfverletzungen, Querschnittlähmungen sind zu beklagen. Ich glaube, gerade jene, die die christliche Nächstenliebe zumindest partiell auf ihre Fahnen heften, müssten einen anderen Zugang zu diesem Leid haben. Die Eindrücke der hier dargestellten Bilder waren nicht dazu angetan, um solche Reaktionen hervorzurufen, die mich erschüttert haben, nämlich Sensibilität gepaart mit Abscheu. Wir können diese Bilder nicht mit Abscheu von uns weisen, das sind Fakten! (Beifall bei der SPÖ.)

Die typischen Unfallrentenbezieher sind, wie auch schon hier ausgeführt, Menschen, die eine Pension und Unfallrente in der Größenordnung von 15 000 S monatlich beziehen. Für diese Menschen bedeutet die geplante Maßnahme einen jährlichen Verlust von 10 000 S.

Im Bereich der Beschäftigten sei nur ein einziges Beispiel erwähnt: 25 000 S Gehalt und 5 000 S Rente bedeuten einen Verlust von 20 000 S jährlich, wobei die durchschnittliche monatliche Unfallrente 3 500 S ausmacht.

Wenn wir jetzt das Paket der so abgenützten Grauslichkeiten noch einmal kurz Revue passieren lassen, dann müssen wir sagen, es sind jetzt die Unfallrenten, die eine zusätzliche Belastung für diese Menschengruppe bedeuten. Übrigens: Kritik an diesem Umstand wird nicht nur von den Sozialdemokraten geübt. Sie müssen auch in der jeweiligen Fraktion, bei der ÖVP oder der FPÖ, hinterfragen, wieso die Kritik so massiv ist; eine Kritik, die in Einzelfällen so weit geht, dass man auch an Klagen denkt.

Wir haben die Ambulanzgebühren zu tragen, die alte Menschen, benachteiligte Menschen in ganz besonderem Ausmaß trifft, auch Unfallopfer. Wir haben die Rezeptgebühr, die auch Menschen mit Handicaps ganz besonders trifft. Ich glaube, wenn Sie ein bisschen in der Realität leben, dann wissen Sie, dass 1 000 S Rezeptgebühr im Monat keine Seltenheit ist. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Das müssen Sie mit Ihrer Klientel bei den Ärzten ausmachen.

Spitalskostenbeiträge, Tagessätze in der Höhe von 100 S: Fragen Sie ein Unfallopfer, eine Pensionistin, ob sie 100 S täglich zum Leben zu Hause verbrauchen kann! (Zwischenruf des Bundesrates Weilharter. ) Das müssten Sie am besten wissen.

Massive Steuernachzahlungen sind überall dort zu erwarten, wo die Versteuerung nicht vorgenommen wird, und – und ich glaube, das wissen auch Sie, Herr Staatssekretär – das ist bei allen Unfallrenten, die weniger als 6 900 S monatlich ausmachen, der Fall. Bedenken Sie, was das für Menschen in dieser Lebenssituation ausmacht! Bitte, legen Sie auch dort jene Sensibilität an den Tag, die Sie bei der Demonstration der Handicaps gezeigt haben.


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