Bundesrat Stenographisches Protokoll 676. Sitzung / Seite 43

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In Wahrheit ging es um die BUWOG, um die WAG und um einige gemeinnützige Wohnbaugesellschaften der Eisenbahner. Da man wiederum unter dem Motto Speed kills überhastet agiert hat, hat man in diesem Budgetbegleitgesetz eine gesetzliche Lücke offen gelassen, die von den Eisenbahner-Wohnbaugesellschaften im Interesse ihrer Mieter auch prompt genützt wurde. So wurden kleinere Anteile dieser GBVs, dieser GesmbHs, die im Eigentum von Gemeinden standen, einer Genossenschaft übertragen. Damit standen und stehen diese gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen aber nicht mehr im 100-prozentigen Eigentum einer Gebietskörperschaft und entziehen sich damit der Möglichkeit einer Privatisierung.

Was hier passiert ist, war gesetzlich völlig einwandfrei und legal. Was passiert nun? – In einer wohl einmaligen Aktion einer Anlassgesetzgebung soll für die Feststellung der ausschließlichen Eigentümerschaft von Gebietskörperschaften rückwirkend der 23. November 2000 normiert werden – rückwirkend: 23. November 2000! –, damit die am 29. November 2000 rechtlich einwandfrei erfolgten Eigentumsübergänge unterlaufen werden können. Das ist ein gesetzlich rückwirkender materieller Eingriff in Verträge – und das unter dem Motto der Rechtssicherheit!

Abgesehen davon, dass diese nunmehr geplante Maßnahme verfassungsrechtlich, so denke ich, zumindest problematisch ist – sie wird sicherlich zum Anlass genommen werden, den VfGH damit zu beschäftigen, denn es wird anlassbezogen rückwirkend in Verträge über Eigentumsrechte eingegriffen –, sind im Umfeld dieser Aktion dem Vernehmen nach weitere Dinge passiert, die auch bereits gerichtsanhängig sind und die notwendigerweise in weiterer Folge die Frauge der Amtshaftung, möglicherweise sogar die Frage des Amtsmissbrauches aufwerfen werden.

Ich bin angesichts der im Raum stehenden abenteuerlichen Vorgangsweisen der Überzeugung, dass weder der Minister noch der Staatssekretär davon gewusst haben. Das kann ich mir nicht vorstellen.

Der Aufsichtsrat der betreffenden GesmbH hat nämlich angeblich der Veräußerung der erwähnten Anteile mit drei zu null Stimmen zugestimmt. Die drei vom Finanzministerium entsandten Mitglieder des Aufsichtsrates waren dabei eigenartigerweise nicht zugegen. Es war allerdings – wie berichtet wurde und wie auch nachzulesen ist – ein anderer Beamter des Finanzministeriums zugegen, der selbst zu diesem Zeitpunkt nicht Mitglied des Aufsichtrates war, angeblich aber Vollmachten der übrigen drei Aufsichtsratsmitglieder des Finanzministeriums mit sich hatte und drei Gegenstimmen abgab. Das ist rechtlich schlicht unmöglich, da Vollmachten bekanntlich nur an andere Aufsichtsratsmitglieder übertragen werden können, aber nicht an Personen, die nicht dem Aufsichtsrat angehören.

Nachdem das Finanzministerium draufgekommen ist beziehungsweise darauf hingewiesen wurde, dass diese Vorgangsweise rechtlich nicht haltbar ist, gab es den nächsten rechtswidrigen Schritt: Es wurde nämlich eine außerordentliche Generalversammlung einberufen, in welcher besagter Beamte nachträglich – noch einmal: nachträglich – und rückwirkend zum Aufsichtsrat bestellt wurde.

Ich frage mich, auf welcher gesetzlichen Basis die rückwirkende Bestellung eines Aufsichtsratsmitgliedes möglich ist, damit Beschlüsse, die jemand beeinflusst hat, der zu diesem Zeitpunkt nicht Mitglied des Aufsichtsrates war, ebenso rückwirkend gültig gemacht werden. In der Privatwirtschaft hätte das unweigerlich den Gang zum Staatsanwalt zur Folge.

Auch der Gesellschaftsvertrag soll nachträglich geändert worden sein, um die erwähnten Anteilsübertragungen rückwirkend unmöglich zu machen – Anteilsübertragungen, die zum Beispiel mit den Stimmen der ÖVP auch in der Wiener Landesregierung genehmigt wurden. Ich hoffe wirklich, dass die Leitung des Finanzministeriums von diesen Aktionen keine Kenntnis hatte, denn sie sprechen wirklich jeglichen rechtsstaatlichen Prinzipien Hohn. (Bundesrätin Mühlwerth: Und wer sitzt in der Landesregierung?)

Nicht nur deshalb, aber auch aus diesem Grund wird meine Fraktion dem Budgetbegleitgesetz nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.00


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