Bundesrat Stenographisches Protokoll 676. Sitzung / Seite 91

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Die Erweiterung der Europäischen Union ist – sosehr wir mit Recht im Detail um notwendige Maßnahmen innerstaatlicher Art, um notwendige Bedingungen an die Adressen der Beitrittswerber und um notwendige Übergangsbestimmungen ringen – eine Diskussion, die nicht primär heute zu führen ist, ist aber jedenfalls ein Projekt, das bei der tatsächlichen Wiedervereinigung dieses Kontinents eine zentrale Rolle einnimmt.

Ich habe es für wichtig gehalten, dass sich diese Bundesregierung – wie immer man über ihr Zustandekommen oder über ihre Politik denkt – in ihrer Regierungserklärung mühsam, aber doch (Bundesrat Dr. d′Aron: Wieso mühsam?) auf ein Ja zur österreichischen Teilnahme an diesem großen Prozess verpflichtet hat. Ich verhehle nicht, dass wir die Nominierung von Dr. Erhard Busek als Regierungsbeauftragtem für Fragen der EU-Erweiterung, als sie im Ministerrat am 17. März 2000 beschlossen wurde, nicht nur mit großem Interesse, sondern mit großer Sympathie zur Kenntnis genommen haben. (Bundesrat Marizzi: Richtig!) Auch Erhard Busek ist in vielen Jahren ein politischer Konkurrent gewesen – keine Frage. Auch Erhard Busek hat Standpunkte vertreten, die wir Sozialdemokraten leidenschaftlich abgelehnt haben – keine Frage. (Bundesrat Dr. Nittmann: Aber nicht das Absingen der Internationale!)  –Ich wollte das gerade sagen.

Herr Dr. Busek ist zweifellos jemand, der die Länder, die sich jetzt um die Mitgliedschaft in der Europäischen Union bewerben, kennt, der die führenden politischen Vertreter dieser Länder kennt und der daher für diese Aufgabe höchst qualifiziert ist, und zwar nicht durch die Textsicherheit bei drei Strophen der Internationale (Bundesrat Dr. Nittmann: Aber auch, Herr Professor! Aber auch!), wobei auch manche meiner Parteifreunde bei der dritten Strophe gewisse Probleme hätten. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege! Auf diese Zwischenrufe habe ich gewartet. Die dritte Strophe hat eine große Bedeutung für die aktuelle politische Diskussion. Sie lautet nämlich: In Stadt und Land ... (Bundesrat Dr. Nittmann: Vorsingen!)  – Das erspare ich Ihnen. Sie lautet: In Stadt und Land, ihr Arbeitsleute, wir sind die stärkste der Parteien. (Beifall bei der SPÖ.) – Das erscheint mir eine sehr wesentliche politische Aussage, wenn das von jemandem gekannt wird.

Meine Damen und Herren! Jener Herr Dr. Busek, der von seiner Beschäftigung mit diesem Raum und seiner politischen Entwicklung her, und zwar schon vor dem Zusammenbruch der kommunistischen Herrschaft, in höchstem Maße dazu prädestiniert war, hat seine Tätigkeit unter sehr ungünstigen Bedingungen, wie sich allerdings herausstellte, aufnehmen müssen.

Ich bin natürlich nicht in die Geheimnisse dieser Regierungspolitik eingeweiht (Bundesrat Bieringer: Gott sei Dank! – Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer: Wir werden Sie einbeziehen!), denn dann könnte ich mir auch dringliche Anfragen ersparen. Sie werden für die entsprechende Klarstellung sorgen. Es ist das Wesen von Geheimnissen (Bundesrat Dr. Nittmann: Was ist das Wesen von Geheimnissen?), dass sie dann in dringlichen Anfragen zu beantworten sind. (Bundesrat Dr. Nittmann: Dass man sie nicht kennt!) – Herr Kollege! Das ist das Wesen der parlamentarischen Demokratie.

Jedenfalls wurde bereits im Sommer des Jahres 2000 in einer für eine Koalition ziemlich beispiellosen Art und Weise, auch der Formulierungen – aber dafür ist Herr Westenthaler bekannt (Rufe bei der SPÖ. Ingenieur!)  –, die Legitimation des Herrn Dr. Busek in Frage gestellt. Er sagte, Busek ist für uns gestorben – was immer das politisch heißen soll. Er macht mir einen durchaus lebendigen Eindruck. Westenthaler sagte weiters: Wir wollen einen neuen Regierungsbeauftragten. Sollte die ÖVP an Busek festhalten, dann werden wir – nämlich die FPÖ – einen eigenen bestellen.

Befragt, ob die Frau Vizekanzlerin diese seine Forderung teile, sagte damals, am 25. August des Vorjahres, Herr Westenthaler: Sie können davon ausgehen, dass diese Position in der FPÖ-Spitze abgestimmt ist.

Oder: Das Einzige, mit dem Herr Busek bisher aufgefallen ist, waren Diffamierungen und Beschimpfungen der Freiheitlichen Partei. Er führt sich auf wie ein Relikt aus der alten SPÖ/ÖVP-Koalition. – Zitatende. (Rufe bei der SPÖ: Oh! Oh!)


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