Bundesrat Stenographisches Protokoll 676. Sitzung / Seite 116

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Aber es kann natürlich nicht so sein, Herr Justizminister, dass diese Konzepte einmal an die Öffentlichkeit gehen, und dann sagt jeder, ja, wir müssen sparen, wir müssen den Gürtel enger schnallen, aber jeder versucht, beim anderen den Gürtel enger zu schnallen. Das kann es nicht sein. Diese Methode scheint aber hier Platz gegriffen zu haben.

Ich habe da den Bericht, der nach Ihrem Besuch in Salzburg erschienen ist und in dem natürlich die Forderungen des Landes Salzburg stehen, dass man sich nicht damit begnügen wird, nur mehr ein Regionalgericht statt eines Landesgerichtes zu haben, dass man sich nicht damit begnügen wird, in jedem Bezirk nur mehr ein Bezirksgericht zu haben, sondern man will mindestens zwei Gerichte in den Bezirken haben, und nur dann wird man dieser Sache zustimmen. Ich glaube – und darum würde ich Sie sehr bitten –, man sollte wirklich zuerst Gespräche und Verhandlungen führen, sollte Nägel mit Köpfen machen, und wenn das geschehen ist, dann sollte man an die Öffentlichkeit gehen, das vorstellen und die Leute in Österreich, in den einzelnen Bundesländern und in unseren Bezirken nicht verunsichern. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.55

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte.

17.55

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Wenn Sie schon meinen, die Bevölkerung sei verunsichert, dann möchte ich wenigstens diesen Raum hier nicht verlassen, ohne Ihnen jede Verunsicherung genommen zu haben. Ich bitte Sie, die Bevölkerung nicht zu verunsichern, weil das wirklich sehr ungerecht wäre und Sie ein Spiel machen würden, das ich nicht gerne sehen würde. Unser Prinzip ist es nämlich, die Bevölkerung optimal zu informieren und auch rechtlich optimal zu versorgen. Uns ist die Bevölkerung, Herr Bundesrat Marizzi, nicht "wurscht", auch wenn Sie solche Ausdrücke in Bezug auf politisch Andersdenkende gebrauchen.

Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir Ihnen die Liste übersendet haben, die jene Bezirksgerichte enthält, deren Zusammenlegung wir vorschlagen. Ich füge aber in einem Atemzug hinzu: Ich will nicht in den Verdacht kommen, hiemit einem Landeshaupt etwas nahe zu legen. Er soll bitte jeweils gemeinsam mit seinen Landesregierungsmitgliedern selbst entscheiden, welche Rationalisierungsmaßnahmen ihm im Interesse der von ihm versorgten Bevölkerung richtig zu sein scheinen.

Sie können davon ausgehen, dass wir bei unseren Vorschlägen bleiben und dass sie wohl durchdacht sind. Sie können aber auch – das möchte ich schon festhalten – andere Vorschläge machen, aber dann müssen Sie mit uns reden. Es liegt eine Einladung vor, dass Sie zu uns ins Ministerium oder wir zu Ihnen in die Klubs kommen und Ihnen genau unsere Argumente – wir haben dazu einen eigenen Lichtbildervortrag – vortragen. Wir sind hinter diesem Konzept natürlich her, aber wir werden es nicht ewig verfolgen können, wenn die Landeshauptleute und die Landesregierungen signalisieren, sie wollen keine Modernisierung.

Wenn Sie nach den Kosten fragen, so kann ich Ihnen diese Frage deshalb nicht beantworten, weil sie erstens für uns nicht im Vordergrund der Überlegungen stehen und wir zweitens nicht wissen, zu welchen Zusammenlegungen sich die Landeshauptleute bereit finden. Wir können Ihnen aber Folgendes sagen: Wenn wir jene 29 Bezirksgerichte Österreichs, die nicht einmal einen Richter auslasten, zusammenlegen könnten, dann würden wir uns bestimmt 30 Millionen Schilling ersparen. Darauf kommt es aber, wie Sie wissen, nicht an, sondern es kommt darauf an, dass die Richter dort ausgelastet sind.

Wir unterscheiden bei den Gerichten zwischen dem Normalanfall und dem Sonderanfall. Der Sonderanfall sind jene Akten, die nur ein Richter bearbeiten kann. Was glauben Sie, wie viele Gerichte wir haben, wo es nicht einmal einen Akt pro Tag gibt – wir rechnen dabei nur 220 Arbeitstage –, den ein Richter bearbeiten muss? – Es sind 23! Das ist also eine erkleckliche Zahl. Nicht einmal ein Richterakt fällt dort – pro Tag – an.


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