Bundesrat Stenographisches Protokoll 677. Sitzung / Seite 36

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Ich kann Ihnen sagen, dass wir auf die Leistungen des Heeres wirklich stolz sein können – das sage ich als Österreicher. Überall in der Region kann man, wenn man mit Experten spricht, nur höchste Anerkennung für die Leistungen der Österreicher hören. Vielleicht bringen wir – ich glaube, das ist besonders wichtig – auch diese besondere österreichische Note in derartige Einsätze ein: Im Gegensatz zu manchen anderen haben wir es geschafft, absolute Zustimmung der örtlichen Bevölkerung für unsere Aufgaben zu erringen, weil wir ganz einfach ein besonderes Einfühlungsvermögen auch für die kulturellen Gegebenheiten in der Region haben und weil die österreichischen Soldaten nicht nur in ihrer militärischen Funktion auftreten, sondern in vielen Bereichen auch humanitäre Hilfe leisten und der Bevölkerung bei den tagesaktuellen Notwendigkeiten Unterstützung geben.

Ich erinnere daran, dass auch das österreichische Bundesheer mitgeholfen hat, das Krankenhaus in Suva Reka in Zusammenarbeit mit zivilen Organisationen zu renovieren und neu auszustatten. All das sind Punkte, die gemeinsam mit der militärischen Aufgabe zu sehen sind.

Der klassische UN-Peace-keeping-Einsatz – um auch zu Ihrer Frage zu kommen, Herr Bundesrat Schennach – wird in Zukunft an Bedeutung verlieren. Wir sehen, dass es nur noch sehr schwer möglich ist, einen Konflikt sozusagen von außen zu beobachten und zu warten, bis die Streitparteien an einem Punkt angelangt sind, an dem sie jeweils für sich oder gemeinsam zu der Erkenntnis kommen, dass es mit militärischen Mitteln nicht mehr weitergeht und eine Pufferzone errichten, in der dann UN-Blauhelme sozusagen den Status quo erhalten.

Wenn Sie sagen, dass die Blauhelme in Zypern schon zum Bild des modernen Zyperns gehören, dann halte ich das nicht für positiv. Ich denke, gerade Zypern zeigt, dass wir es – obwohl es hier um europäische Staaten geht – nicht geschafft haben, neben dem Waffenstillstand – der selbstverständlich aufrechtzuerhalten ist – klare und vor allem realistische Lösungen für die Zukunft dieser Regionen und Staaten und damit für eine dauerhafte Konfliktbewältigung und Konfliktlösung anzubieten. Das haben wir in Zypern über viele Jahrzehnte gesehen, das sehen wir jetzt beginnend aber auch in Bosnien und im Kosovo. Nach wie vor fehlt es an realistischen politischen Visionen für diese Region, und nach wie vor fehlt es an zivilen Strukturen, die geeignet wären, die örtliche Bevölkerung und auch die vernünftigen politischen Gruppierungen bei der Bewältigung dieser jeweils schwierigen Problematik zu unterstützen.

Es wird in Zukunft selbstverständlich notwendig sein, dass wir uns noch stärker im Bereich des internationalen Krisenmanagements engagieren. Die Europäische Union arbeitet sehr ambitioniert daran, gemeinsame Krisen-Reaktionskräfte aufzustellen, und Österreich hat sich verpflichtet, dazu einen entsprechenden Beitrag einzubringen. Ich glaube, das ist ein Beitrag der Solidarität in Krisenregionen, aber auch ein Beitrag zur Sicherheit Europas und damit auch zur Sicherheit Österreichs.

Wir müssen zur Kenntnis nehmen – das ist vielleicht auch eine Frage dieser Bewusstseinsänderung, die Herr Bundesrat Gudenus angesprochen hat –, dass jeder Krisenherd in Europa, aber auch rund um Europa, eine mittelbare und manchmal auch unmittelbare Auswirkung auf die Sicherheitsinteressen aller europäischen Staaten – und damit auch auf unsere Sicherheitsinteressen – hat. Deshalb haben wir auch ein Interesse daran, dass es gemeinsame Kräfte der demokratischen Staaten gibt, die politisch – aber, wenn es notwendig ist, auch militärisch – in der Lage sind, derartige Krisen zu bewältigen.

Das hat selbstverständlich auch eine Auswirkung auf den Dienstbetrieb im österreichischen Bundesheer. Ich gebe Ihnen darin Recht, dass auch in dieser Hinsicht das Bewusstsein bis vor kurzem noch nicht in ausreichendem Maß vorhanden gewesen ist. Das ist aber nicht verwunderlich, denn bis vor kurzem war der Auslandseinsatz im Rahmen der UNO eine Nebentätigkeit des österreichischen Bundesheeres. Der Kern war die militärische Landesverteidigung, das heißt, die Abwehr einer militärischen Aggression gegen das österreichische Staatsgebiet von außen. Diese Kernaufgabe wird in Zukunft etwas in den Hintergrund treten, und die Auslandseinsätze werden an Bedeutung gewinnen.


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