Bundesrat Stenographisches Protokoll 677. Sitzung / Seite 40

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Denn wie sonst, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist § 1 Abs. 2 des Truppenaufenthaltsgesetzes zu verstehen, der lautet: "Der Aufenthalt umfasst das Überqueren der Grenze zu, den vorübergehenden Aufenthalt in und das Verlassen von österreichischem Hoheitsgebiet."

Ich bin froh, dass im Zuge der Beratungen auch im Ausschuss über den Begriff "vorübergehend" diskutiert und dieser nachgefragt wurde. Bestürzt, aber leider in einer meiner Meinung nach nicht offenen Diskussion bestärkt wurde ich, als im Ausschuss keine Antwort auf die Frage gegeben werden konnte. (Bundesrat Mag. Gudenus: War sehr schwach! Da gebe ich Ihnen Recht!)

Was heißt nun "vorübergehend"? Bedeutet dies eine Woche, ein Monat, ein Jahr oder einen längeren vorübergehenden Zeitraum?

Wie ist die Interpretation im Ausschuss zu deuten, dass auch für Nachschub gesorgt werden muss, was in diesem Zusammenhang mit vorübergehend erklärt wurde?

Wie kann man § 4 Ziffer 9 in diesem Gesetz interpretieren, der lautet: "Ist es zur Erreichung des Aufenthaltszweckes erforderlich, dürfen Telekommunikationseinrichtungen innerhalb eines bestimmten" – wieder solch ein schwammiger Begriff – "Zeitraumes mit Zustimmung der Fernmeldebehörde ohne weitere Bewilligung errichtet und betrieben werden, ..."

Was heißt das, werte Kolleginnen und Kollegen? Heißt dies, dass für einen unbegrenzten, vorübergehenden Aufenthalt ausländischer Truppen auf österreichischem Gebiet sämtliche Einrichtungen geschaffen werden können? Heißt dies, dass es zur vorübergehenden Errichtung von militärischen Stützpunkten auf österreichischem Gebiet kommen wird? – Ich, liebe Kolleginnen und Kollegen, interpretiere das so.

Meine sehr verehrten Damen und Herren der Regierungsparteien! Dies steht allerdings in krassem Widerspruch zum Neutralitätsgesetz. Aber vielleicht kann der Herr Bundesminister die Begriffe "vorübergehend" und "einen bestimmten Zeitraum" näher definieren und in Tagen, Wochen, Monaten oder vielleicht sogar Jahren ausdrücken.

Dies, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind nur einige Anmerkungen dazu, warum ich die Neutralität durch diese Bundesregierung gefährdet sehe.

Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage: Wie ernst ist die Neutralität dieser Bundesregierung? Warum muss es ein neutrales Finnland sein, das die Vermittlung des Friedensabkommens im Kosovo übernahm? Warum konnte dies nicht durch Österreich übernommen werden? (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. ) Und warum hat sich nicht Österreich verstärkt als Vermittler präsentiert? – Es liegt der Schluss nahe, dass die Vorbereitung auf einen NATO-Beitritt dieser Bundesregierung wichtiger ist als aktive Neutralitätspolitik. (Beifall bei der SPÖ und dem Grünen.)

Kollege Steinbichler! Du kannst dich gern zu Wort melden, das bringt überhaupt nichts. (Weitere Zwischenrufe des Bundesrates Steinbichler. ) Du hast schon etwas gelernt, der ehemalige Bundeskanzler, du hast schon gelernt. Danke schön.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einige Worte noch zum Kriegsmaterialgesetz: Ich werde den Verdacht nicht los, dass in einer so sensiblen Materie die Qualität der Außenpolitik zugunsten der Quantität des Waffenhandels und der Rüstungsindustrie geht. Und ich sage jetzt wieder einen Begriff: administrative Erleichterungen für Handel mit Kriegsmaterial. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was ist darunter zu verstehen?

Warum es in diesem Zusammenhang zu einer Machtkonzentration beim Innenminister kommt, ist auch nur schwer zu erklären. Die Tatsache, dass bei einer außenpolitisch so heiklen Materie gerade ein Innenminister, der über kaum oder fast keine Informationen aus dem Ausland verfügt, außenpolitisch so schwer wiegende Entscheidungen trifft, scheint mir sehr problematisch zu sein. Bisher mussten der Bundeskanzler, die Bundesregierung, aber auch der Rat für Auswärtige Angelegenheiten in die Vollziehung und damit in die Verantwortung mit eingebunden


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