Bundesrat Stenographisches Protokoll 677. Sitzung / Seite 43

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Bundesrat Herbert Würschl (fortsetzend): Ich verweise noch einmal auf die Österreichische Volkspartei, eine Partei, die zwar den Bundeskanzler stellt, auf Grund von Postenschacher, keine Frage, aber eine Partei, die lumpige 27 Prozent hat, die im Parlament die drittstärkste Partei ist, maßt sich an, das Neutralitätsgesetz in Verruf zu bringen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir uns diese Gesetze anschauen, wenn man analysiert, dann sieht man eindeutig, dass es darum geht, die Neutralität, so wie wir sie meinen, in Frage zu stellen. Da tun sich Widersprüche auf. Ja selbstverständlich bin ich dafür, dass wir, wie es hier formuliert ist, bündnisfrei sind. Wir sind aber einen Schritt weiter. Wir sind nicht nur bündnisfrei, sondern wir sind auch neutral. Und wir Sozialdemokraten mit unserer Stärke werden es auch zu verhindern wissen, dass die Neutralität auf Umwegen oder auch direkt abgeschafft wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich frage mich oder ich frage Sie: Welchen Sinn ergibt ein Verzicht oder die Aufgabe der Neutralität? – Ich weiß, dass wir seit Jahren in dieser Frage gefordert sind und dieser Bereich immer wieder andiskutiert wird. Bruno Kreisky war an und für sich tief betroffen, als wir Sozialdemokraten, wie ich meine, den Fehler gemacht haben, der ÖVP mit Alois Mock den Außenminister zuzugestehen.

Wenn ich jetzt in die heutige Zeit zurückkomme, dann muss ich sagen, vor allem in Kärnten erlebe ich das immer wieder, dass wir, wenn wir heute etwa nach Slowenien, Kroatien oder Mazedonien oder wo auch immer hinfahren, immer wieder Emotion, teilweise negative Emotion erfahren, weil man weiß, dass dieser Herr Alois Mock, der, Gott sei Dank, politische Vergangenheit ist, eine sehr eindeutige Stellungnahme oder Positionierung für kroatische Nationalisten abgegeben hat. Und da sollten wir uns, so glaube ich, heraushalten, wir sollen neutral sein und im Sinne der Neutralität leben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das Gesetz, die Novelle zum Kriegsmaterialgesetz ist für mich nichts anderes als ein Lobbying, eine Unterstützung der Rüstungsindustrie. Das wird natürlich Herrn Glock in Kärnten, einen Waffenschieber, Waffenhändler, sehr freuen, wenn er durch diese Novelle eine gewisse Unterstützung bekommt. (Bundesrat Grissemann: Aber die Arbeitsplätze sind schon recht!) Herr Kollege! Ich nehme an, auch Ihr Parteiobmann beziehungsweise Ihr "einfaches Parteimitglied" geht bei Herrn Glock ein und aus, ich weiß nicht, ob er dort Parteigelder zur Unterstützung abholt, das weiß ich nicht, aber für mich ist das Kriegsmaterialgesetz und dessen Novellierung eine einzige Provokation, wenn man im Sinne der Neutralität denkt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Truppenaufenthaltsgesetz beziehungsweise die Formulierung ist auch insofern provokant, als man, wenn man Neutralität ernst nimmt, davon ausgeht, dass das Neutralitätsgesetz vor allem drei Hauptkriterien beinhaltet, nämlich erstens keine Kriege zu führen, ich glaube, da sind wir froh. Aber wenn man die Geschichte betrachtet, dann sieht man, dass wir Österreicher immer wieder sehr gern Kriege geführt haben. Wir bekennen uns heute dazu, dass wir keine kriegerischen Auseinandersetzungen mehr wollen.

Zweitens bekennen wir uns durch das Neutralitätsgesetz dazu, dass auf österreichischem Staatsgebiet keine fremden Truppen zu stationieren sind. Und das frustriert mich auch: Die Vorredner haben bereits auf die Formulierung "vorübergehend" hingewiesen. Ja, bitte, was ist "vorübergehend"? – Über tausend Jahre hatten wir eine monarchische Staatsform. Aus heutiger Sicht können wir sagen, dass das vorübergehend war, weil wir heute in einer Demokratie leben. Ich meine, es ist ein bisschen weit hergeholt, aber ich möchte darauf verweisen, dass vorübergehend kein fixer Zeitpunkt ist. (Zwischenrufe.)

Drittens, sehr geehrte Damen und Herren, bekennen wir uns beim Neutralitätsgesetz auch dazu, dass es kein Militärbündnis zu geben hat. Und genau diese Gesetzesnovellen laufen der Neutralität zuwider, und deshalb werden wir Sozialdemokraten immer dagegen auftreten und auch heute dagegen stimmen. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

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