Bundesrat Stenographisches Protokoll 678. Sitzung / Seite 71

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Für mich ist auch der Bericht des Unterrichtsausschusses sehr vielsagend. Sehr geehrte Damen und Herren! Gestatten Sie mir, Ihnen diesen Satz zur Kenntnis zu bringen; es ist der erste Satz in diesem Bericht, der lautet: "Durch die allgemeine gesellschaftliche Entwicklung wird immer mehr der im § 2 des Schulorganisationsgesetzes verankerte Erziehungsauftrag der österreichischen Schule, der eine Ergänzung des elterlichen Erziehungsrechtes darstellt, eingefordert."

Ich appelliere auch an die Freiheitliche Partei, denn wir haben in Kärnten vor kurzem eine sehr hochrangige pädagogische Konferenz durchgeführt, und es hat mich gefreut, dass dort auch Vertreter der Freiheitlichen Partei dem sehr aufgeschlossen gegenübergestanden sind. Wir haben nämlich genau über diesen § 2 Schulorganisationsgesetz diskutiert, der natürlich nur mit einer Zweidrittelmehrheit geändert werden könnte, und ich hoffe immer noch, dass das gegen die Konservativen in Zukunft möglich sein wird. Es geht um den so genannten Zielparagraphen 2; ich darf nur in Erinnerung rufen, wie die Formulierung lautet: "Die österreichische Schule hat die Aufgabe, an der Entwicklung der Anlagen der Jugend nach den sittlichen, religiösen und sozialen Werten sowie nach den Werten des Wahren, des Guten und Schönen durch eine ihrer Entwicklungsstufe und ihrem Bildungsweg entsprechenden Unterricht mitzuwirken." (Bundesrat Dr. Böhm: Was ist da schlecht dran?)

Eine derart verstaubte Formulierung, wie sie hier gewählt worden ist, ist, so glaube ich, in der heutigen Zeit nicht mehr angebracht, und ich hoffe doch, dass sich in Zukunft eine breite Mehrheit mit der Freiheitlichen Partei gegen die ÖVP finden lässt, dass es endlich zu einer vernünftigeren Formulierung kommt, die auch zeitgemäßer ist. Denn was ist das Schöne, was ist das Gute, was ist das Wahre? – Darüber würden wir lange diskutieren können, das sind sicherlich sehr interessante Diskussionen.

Oder: der Begriff "religiös". Liebe Damen und Herren! Ich kann mit der katholischen Kirche, ich kann mit keiner Kirche etwas anfangen, aber mit welchem Recht geht der Staat her und postuliert, dass die Kinder nach religiösen Gesichtspunkten zu unterrichten sind?! Ich lehne das ab! Wenn Sie das wollen, können Sie Ihre Kinder in die katholische Privatschule schicken, aber Sie haben nicht das Recht, das für die Allgemeinheit zu fordern. (Bundesrat Dr. Maier: Sie wissen in Ihrem eigenen Klub nicht, was Sie wollen!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich komme zum Positiven dieser Gesetzesnovelle, dem wir Sozialdemokraten uns durchaus anschließen können: Politische Bildung ist eine Forderung, die genau in der heutigen Zeit mehr als berechtigt ist – Politische Bildung erstens als Unterrichtsprinzip und zweitens auch als politisches Fach. Nur würde ich meinen, Frau Ministerin, gehen wir endlich anständige Schritte in dieser Sache und nicht halbherzige! Politische Bildung hat entsprechend stattzufinden! Zumindest in der Sekundarstufe hat Politische Bildung bereits mit der ersten Klasse zu beginnen – und nicht so halbweich in der vorletzten Stufe einer Pflichtschule.

Oder, sehr geehrte Damen und Herren, die Integration: Sie ist ein großes Anliegen der Sozialdemokraten. Ich finde es richtig, dass beeinträchtigte Kinder in der Gesellschaft integriert leben, dass sie im Kindergarten integriert werden können, dass sie in der Volksschule integriert werden können, was bereits gegeben ist. Ja, aber warum sperren wir beeinträchtigte Kinder, behinderte Kinder aus dem Schulsystem aus, wenn die Kinder etwa in die Berufsschule gehen wollen, wenn sie ausgebildet werden sollen? – Da soll die Integration nicht mehr stattfinden. Oder hört die Behinderung in diesem Altersbereich etwa auf? – Ich glaube, dass man den Mut haben sollte, weitere Schritte im Integrationsleben zu setzen.

Ich komme kurz noch zu den Verhaltensvereinbarungen. Ich frage mich, Frau Ministerin – vielleicht können Sie uns darauf eine Antwort geben, für mich habe ich die Antwort –: Wer braucht diese Verhaltensvereinbarungen? (Ruf bei der ÖVP: Die Lehrer, die Eltern und die Schüler!) Wer will die Kinder in besonderer Weise disziplinieren? – Der gute engagierte Lehrer kommt mit den Kindern ohnehin zurecht, der braucht keine Rohrstaberlmethode. Wer will diese Verhaltensvereinbarungen? (Bundesrat Dr. Maier: Sie haben die falsche Rede mit, Herr Kollege!)


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