Bundesrat Stenographisches Protokoll 679. Sitzung / Seite 22

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Gerade wenn ich an das Regionalradiogesetz, das Umweltmanagementgesetz oder das Katastrophenfondsgesetz denke, muss ich sagen, dass wir bei diesen Materien sozusagen als Rute im Fenster sehr wohl sehr qualitativ Länderinteressen wahrgenommen haben.

Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nicht in einem Nebeneinander, sondern in einem Miteinander sollten wir alle gemeinsam unsere Bundesländer vertreten und ihnen dienen. Darum muss auch die Zusammenarbeit in Zukunft noch besser koordiniert werden.

Für mich wäre es durchaus begrüßenswert, wenn die Präsidenten des Bundesrates nicht nur den Landtagspräsidentenkonferenzen, sondern – natürlich ohne Stimmrecht – auch den Landeshauptleutekonferenzen dann beigezogen würden, wenn der Bundesrat aus diesen Beratungen entsprechende Aufträge umzusetzen hat.

Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Aller Voraussicht nach werden wir in dieser Jahreshälfte auch den Vertrag von Nizza in der Länderkammer diskutieren. In den letzten Wochen wurde sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat eine Enquete abgehalten, und dabei wurde auch die Frage des Föderalismus und der Mitwirkungsrechte angesprochen. Unbestritten hat sich seit unserem Beitritt zur EU vieles verändert, aber dabei nicht unbedingt alles verbessert.

Wir verlangen zu Recht das Miteinander aus der Sicht des Föderalismus und des Regionalismus in der Europäischen Union. Aber, meine sehr geschätzten Damen und Herren, das, was wir von der EU an Subsidiarität verlangen, sollten wir in der Republik Österreich selbst einbringen, nämlich im Verhältnis zwischen Bund, Ländern und Gemeinden.

Der Föderalismus dient der Subsidiarität, der Kostenersparnis und der Bürgernähe, um die wir alle uns bemühen. Diese Sicht föderalistischer Verantwortung soll zeigen, dass die Politik und auch alle föderalistischen Reformbemühungen nicht Selbstzweck sind und auch nie sein dürfen. Es wäre traurig, wenn wir in einem Nebeneinander oder in einem Gegeneinander föderalistische Anliegen vertreten würden!

Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nicht nur Zeitungskommentatoren schreiben davon, dass wir seit der Bildung dieser Bundesregierung in vielen Fragen von der Konsensdemokratie zur Konfliktdemokratie gewechselt sind. Wir selbst als Politiker leben diesen Wechsel in unterschiedlicher Intensität beinahe täglich.

Unsere politischen Väter und Großväter haben diese Zweite Republik aus Schutt und Asche aufgebaut und uns alle in die Lage versetzt, in einem schönen und – auf sehr viele Bereiche zutreffend – sicheren Land zu gestalten. Nehmen wir diese Herausforderung sowohl für den nationalen als auch für den europäischen Bereich mit der angebrachten Demut wahr!

In den letzten Monaten wurden in einigen Bereichen Änderungen und Anpassungen vorgenommen, die nicht das Verständnis und die Zustimmung aller gefunden haben. Ich bedauere sehr, dass von zu vielen ein Ton angesprochen wurde, der Anlass zur Sorge gibt. Dies gilt sowohl für nationale Fragen als auch für die europäische Diskussion.

Martin Buber, dessen Lebensgrundsatz lautet: "Alles wirkliche Leben ist Begegnung", hat unter anderem festgehalten: "Ich glaube trotz allem, dass die Menschen in dieser Stunde ins Gespräch, in ein echtes Gespräch miteinander kommen können. Ein echtes Gespräch ist eins, in dem jeder der Partner den anderen, auch wo er in einem Gegensatz zu ihm steht, als diesen existenten Andern wahrnimmt, bejaht und bestätigt, nur so kann der Gegensatz zwar gewiß nicht aus der Welt geschafft, aber menschlich ausgetragen und der Überwindung zugeführt werden."

In diesem Sinne, meine sehr geschätzten Damen und Herren, darf ich Sie um das Gespräch und um Ihre Unterstützung im zweiten Halbjahr bitten. (Allgemeiner Beifall.)

9.17

Ich danke für Ihre Bekundung der Zustimmung.


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