Bundesrat Stenographisches Protokoll 679. Sitzung / Seite 105

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Eine Schaffung einer Mehrheit via legistischer Maßnahmen, die auch nicht durch ein Wählerergebnis legitimiert ist, ist kein Zufall für mich, sondern das bedeutet Machtausübung par excellence. Wenn ich es negativ formulieren würde, würde ich es als Form der Machtergreifung bezeichnen. Das ist auch eine Form der Machtergreifung (Bundesrat Dr. Böhm: Ein heikles Wort! Die historische Konnotation kennen Sie!) – Wahrheiten kann man immer laut aussprechen, sie können nicht einmal entgegnet werden –, die nicht dem Wählerwillen entspricht.

Zweitens: In diesen Stiftungsrat wollen Sie – ich zitiere jetzt Sie, wenn Sie die Namen auch noch dazu haben wollen, dann liefere ich sie Ihnen auch noch, aber ich denke, Sie haben genau so wie ich auch die heftige Debatte im Nationalrat nachgelesen; daher wird jeder, der sich damit, zumindest mit den Reden im Nationalrat beschäftigt hat, wissen, wovon ich spreche – Experten und – ich sage dann auch noch dazu – Expertinnen entsenden – der Herr Bundeskanzler hat es sich auch jüngst nicht nehmen lassen, zu sagen, es werden auch Frauen entsandt werden –, die frei von parteipolitischen Interessen handeln, so sagen Sie. Ich frage Sie: Warum, wenn es Ihnen nicht um einen besonderen Einfluss von Macht geht, verschaffen Sie sich dann eine Zweidrittelmehrheit beim Entsendungsrecht? – Diese Frage wird mir der Herr Staatssekretär oder die Kolleginnen und Kollegen von ÖVP und FPÖ beantworten. Ich werde auch sehr genau zuhören, ob Sie polemisch, wie Sie es immer der Opposition unterstellen, oder ob Sie mir in der Sache antworten.

Diese Experten und – ich füge hinzu – Expertinnen werden dann entsandt. Entsendung heißt eine Vollmacht mit sich tragen. Das heißt, man wird nicht von irgendjemandem entsandt. Im Gegenteil, wenn mich jemand Falscher entsendet, würde ich dieses Entsendungsrecht nicht in Anspruch nehmen. Das heißt, sie werden von Regierungen, der Bundesregierung, der Landesregierung, anderen Interessenvertretungen und Parteien entsandt. Ich frage Sie: Was soll der oder die Entsandte tun, außer das zu vollziehen, was die Entsender als Konzept ihm oder ihr mitgeben? (Zwischenrufe der Bundesräte Dr. Aspöck und Kneifel. )

Nein, das ist völlig vernünftig. Wissen Sie, warum? – Es geht nicht um die Entsendung von irgendjemandem, sondern Entsendung mit einem Auftrag bedeutet auch Entsendung mit einer Verpflichtung. Das heißt, wenn Sie meinen, wir nominieren irgendwelche Menschen, die niemandem verantwortlich sind, weder dem Entsender noch dem Wähler, noch der österreichischen Bevölkerung, dann, so muss ich sagen, ist Ihr Zwischenruf noch viel schlimmer als das, was ich vermutet habe. Aber ich vermute nicht, sondern bleibe ziemlich hart an den Fakten. Das heißt, Sie werden mir beantworten, welchen Auftrag die Entsandten wahrnehmen werden. (Bundesrat Kneifel: Den Gesetzesauftrag!) Ich glaube, Sie haben sich ein bisserl intensiver damit beschäftigt. Wenn wir nur das Gesetz vollziehen, dann brauchen wir eigentlich überhaupt keine Beauftragten. Also so staatszerstörerisch will ich nicht werden, und ich setze schon voraus, dass Sie auch wissen, warum es Aufsichtsräte und dergleichen und auch das jetzige neue ORF-Gesetz gibt.

Dritter Punkt: Sie schaffen ein generelles Weisungsrecht für den ORF-Generaldirektor. Es liegt wohl nur daran, dass ich Germanistin mit fremdsprachlichen Kenntnissen bin und meine, dass einfach die Begriffe "Weisungsrecht" und "Generaldirektor" eine Qualität für sich haben. Ich kommentiere sie nicht. (Bundesrat Dr. Aspöck: Schuldirektor!) Aber es ist nicht abwegig, wenn ich damit assoziiere, dass dann der jeweilige Generaldirektor anweist, welche Freiheit die dort tätigen Menschen auszuüben haben und welche Freiheit die Entsender meinen. Ich zitiere jetzt nicht die Debatten und Beiträge, die im Zusammenhang mit der Diskussion um das neue ORF-Gesetz gefallen sind, sondern komme später darauf zurück.

Punkt vier: Hörer und Seher sind de facto rechtlose und mitsprachelose Kunden geworden. Dieses Faktum können Sie nicht entkräften, vielleicht geschieht das Wunder heute.

Punkt fünf: Eine ganz besondere Nichtqualität dieser gesetzlichen Bestimmungen und dieses Gesetzes liegt in der Aufgabenbeschreibung dieses Stiftungsrates. Ich denke, es ist nicht vermessen und nicht verwegen, wenn man diesen Stiftungsrat mit einem Aufsichtsrat in irgendeiner Weise vergleicht, weil so ungleich sind sie nicht.


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