Bundesrat Stenographisches Protokoll 679. Sitzung / Seite 143

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eine Absage, die aus eigennützigen Gründen wie Prestigedenken, Bequemlichkeit oder tagespolitischer Opportunität für die Erhaltung von veralteten Strukturen eintreten, noch dazu unter bewusster Falschinformation der Öffentlichkeit. (Bundesrat Bieringer: Hört!)

Diese Falschinformation machen Sie Tag für Tag! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Manfred Gruber: Das ist eine Unterstellung, Frau Kollegin! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist Ihre Politik für Sicherheit, der Kampf gegen Kriminalität. (Bundesrätin Mag. Trunk: Strasser tut mir Leid!) Das ist Ihre Politik für den "Erhalt" der Gendarmerie- und der Polizeiposten. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrätin Mag. Trunk: Bei dieser Wortmeldung tut mir der Innenminister Leid!)

17.43

Vizepräsident Jürgen Weiss (das Glockenzeichen gebend): Nächster Redner ist Herr Bundesrat Stefan Schennach. Ich erteile ihm das Wort.

17.43

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Haunschmid! Sie werfen hier Falschinformationen vor. Ich habe Sie jetzt schon mehrmals auch zu Sicherheitsfragen gehört und muss sagen, Sie dürften manchmal ein bisschen zum Opfer freiheitlicher Propaganda werden, und da stehen Sie mit Falschinformationen nicht nach. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Übrigen hat die Rede in einem Punkt auch ein bisschen Licht in das Dunkel gebracht. Ich wusste nicht, dass die Regierung von einer generellen Schließung aller Gendarmerieposten ausgegangen ist und dass da eine Notwehraktion Ihrer Fraktion notwendig gewesen ist. So weit darf es wohl doch nicht gehen, dass eine generelle Schließung angesagt wird. (Bundesrätin Mag. Trunk: ... Peter Pilz gefordert!)

Kommen wir aber zum Thema. Ich entschuldige mich bei den beiden Ministern dafür, dass ich zu beiden Dringlichen rede – ich hoffe, Sie werden es Ihren Kollegen weitererzählen –, und zwar aus zeitökonomischen Gründen, damit ich mich nicht zweimal zu den Dringlichen zu Wort melden muss. – Ich glaube, das wird Herr Minister Strasser sicher machen, da bin ich mir ganz sicher.

Eines können Sie meiner Meinung nach nicht leugnen: Die Krise des ländlichen Raumes und insbesondere die Krise der Dörfer ist evident. Es ist sicherlich so, dass dieser Prozess in den letzten zehn Jahren eingesetzt hat. Aber das, was wir nun an Plänen auf dem Tisch haben, ist für den ländlichen Raum ein Aufschrei, weil das dort einfach ernster als bisher in dieser Diskussion genommen wird: die Schließung von über 700 Postämtern und über 100 Gendarmerieposten; das Greißlersterben im Land; die Ausdünnung des öffentlichen Verkehrs und der Nebenbahnen; die Krise der Landwirtschaft; die Stellung der Gemeinden und Städte nach dem Vertrag von Nizza; die Verwaltungsreform; die kleinen "Grafschaften", die auch keiner demokratischen Kontrolle unterliegen; der Ausbau der Bezirkshauptmannschaften – und all das an den Gemeinden vorbei.

Weitere Maßnahmen, die die Regierung plant: das Vereinsrecht, das einige Vereine in gröbere Probleme stürzt; die Abschaffung des begünstigten Zeitungstarifes, ein wichtiges Informationsmittel für kleine Vereine auf dem Land; eine Erhöhung des Posttarifes um 400 Prozent ab nächstem Jahr; die Zentralisierung – ich sage Zentralisierung, Herr Minister Böhmdorfer – in regionalen Gerichten oder in Finanzämtern; der Finanzausgleich zu Lasten der Gemeinden. Durch die Euro-Umstellung – ich komme aus einem kleinen Dorf, in dem es von alledem nichts mehr gibt, worüber wir heute hier reden – werden jene Banken verschwinden, die bisher noch als Wechselstuben überlebt haben. Ein Thema, für das die Regierung nichts kann, ist, dass es in einem Drittel der österreichischen Pfarren keinen Priester mehr gibt. Die ersten Schulen stehen vor der Schließung, und ich weiß, dass weitere folgen werden.

Meine Damen und Herren! Wenn das kein SOS für die Gemeinden ist, dann frage ich mich: Wo soll denn eine noch stärkere Krise herkommen, als sie sich derzeit zeigt?


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