Bundesrat Stenographisches Protokoll 679. Sitzung / Seite 204

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Frau Ministerin! Ich höre mir diese Debatten jetzt seit einem halben Jahr hier im Bundesrat an. Ich bin beziehungsweise war eine veritable Verteidigerin der so genannten seinerzeitigen christlichsozialen-sozialdemokratischen Koalition. Ich war es! Das heißt nicht, dass ich eine Proponentin einer Koalition mit der FPÖ wäre! (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Gudenus. ) Das schließt in vielen Dingen vieles aus. Aber heute kann ich verstehen, warum Koalitionen in die Brüche gehen. Und wenn Sie hier von den SPÖlern und den Sozialisten sprechen, die alles verhindert haben, dann denke ich, dass ein paar von jenen noch da sitzen. Ich erinnere Sie nur an die Causa Gewerbeordnung und die Reformbereitschaft der ÖVP in der Frage der Gewerbeordnung, der Liberalisierung und dergleichen. "Bremsklotz" ist in diesem Zusammenhang ein harmloser Begriff! (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ich komme nicht vom Thema ab, ich komme sofort wieder darauf zurück.

Das heißt: Ihr Koalitionspartner, Frau Ministerin, weiß heute schon, was Sie übermorgen tun werden, welche Verordnung es gibt, welche Postämter geschlossen werden. Mit dieser Propaganda gehen Sie hinaus. Sie müssen hier und auch den Medien gegenüber Rede und Antwort stehen und politische Auseinandersetzung führen beziehungsweise – ich sage das jetzt in dem früheren Jargon – die politischen Ohrfeigen kassieren, so wie der Herr Innenminister, der offensichtlich der anderen Fraktion der ÖVP angehört.

Heute, seitdem Sie eine andere Partnerschaft haben, wird mir klar: Die ÖVP war nie in einer Regierung mit der SPÖ! (Zwischenruf des Bundesrates Ledolter. ) – Bis auf Strasser, aber das ist ein anderer! Ebenso ist die ÖVP auch nie in einer Regierung mit der FPÖ. Es liegt mir fern, der FPÖ hilfreich zur Seite zu stehen, aber ich meine, es ist ein Denkansatz, welche kuriose Form des Verständnisses von koalitionärer Partnerschaft einige innerhalb der ÖVP haben. Und heute konnte merkwürdigerweise – bis auf den flüchtenden Kollegen Gruber aus Kärnten – nicht einmal mehr der Herr Innenminister und konnte niemand von Ihnen mir erklären, warum der ÖVP-Parteiobmann ein Parteiausschlussverfahren gegen den Innenminister anstrebt, wenn es eigentlich eine koalitionäre gemeinschaftliche Vorgangsweise gibt. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Nittmann. )

Das heißt: Die einen zünden das Haus an. Das ist eine Eigenschaft, die auch mein Landeshauptmann hervorragend beherrscht. Aber mittlerweile geht er auch schon auf den Leim der ÖVP. Das heißt: Die SPÖ wird es nicht zulassen – und zwar ausdrücklich ohne der FPÖ hilfreich zur Seite zu stehen, denn dieses Geschäft müssen Sie selbst erledigen! –, dass Sie sich mit ihrer Duck- und Geh-in-Deckung-Strategie und -Politik jetzt auch in dieser Koalition einerseits zu den Rettern der ländlichen Region aufspielen und den anderen die Berechtigung dazu absprechen, andererseits aber gleichzeitig heute schon erklären, wie viele Postämter geschlossen werden, warum welche Postämter geschlossen werden, und die SPÖ und ihre Vergangenheit als Erklärung für die so genannte ruinöse Politik der Vergangenheit heranziehen. – Die Politik der Vergangenheit war nicht ruinös! Es war dies eine ganz andere Form der Politik, weil sie auch eine ideologisch andere Politik war. Das ist zuzugestehen.

Frau Ministerin! Ich lasse kein besonderes weibliches Solidaritätsgefühl aufkommen, es geht hiebei um Ihre Auseinandersetzung mit der ÖVP! Aber ich möchte sagen, dass noch erschwerend – oder erleichternd – die Auseinandersetzung mit unserem Kärntner Landeshauptmann hinzukommt, der heute schon erklärt, dass er die Verordnung, die nicht erlassen wurde, als Land Kärnten negativ beeinsprucht hat. (Bundesrat Mag. Hoscher: Super!)

Ich beantrage immer wieder, dass das Land Kärnten Einsprüche gegen die Bundesregierung auch uns Bundesräten zukommen lässt. Heute habe ich aber jedenfalls gelernt: Wenn etwas noch nicht erlassen ist, dann kann auch noch kein Einspruch erhoben werden oder worden sein. Aber mein Landeshauptmann sagt dann – wir sind darin durchaus eins; ich zitiere Jörg Haider –: Ich spreche mich gegen die geplante Zentralisierung des Postdienstes aus. Eine Ausdünnung der derzeitigen Versorgungsdichte kann in Kärnten schon aus regionalpolitischer und regionalwirtschaftlicher Sicht nicht hingenommen werden. – Haider bezieht sich im Kampf gegen die Schließung von kleinen Postämtern, so wie die Frau Ministerin heute, auf das Postgesetz von 1997. Das heißt: Ihr Job ist offensichtlich kein allzu leichter!


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