Bundesrat Stenographisches Protokoll 679. Sitzung / Seite 220

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geschrieben haben, als "Fixbank" für den Kanzler genommen? – Genau diejenigen, bei denen sie sich nicht sicher waren, wie die Publikumswahl ausgehen könnte: die Kunst, die Hochschule, den Umweltbereich. So sollte also Heilingbrunner eher gesichert werden, weil da andere Organisationen eventuell attraktive Menschen in eine Publikumswahl schicken könnten.

Jetzt wird über den Sommer ausgeschrieben. Da müssen sich zum Beispiel Bildungsvereine und Bildungsverbände, die nicht unbedingt im August zusammenkommen, plötzlich zusammenfinden und im August einen Dreiervorschlag abliefern. Dieser wird dann zur Wahl gestellt.

Wer wählt nun? – Herr Morak hat gestern in einer Pressekonferenz gemeint, dass die Opposition das wieder nicht versteht. Ich glaube schon, dass die Opposition das versteht, wenn Sie sagen: Es wählen nicht diejenigen, die zum Beispiel beschwerdeberechtigt sind – das sind nämlich alle, die in einem Haushalt eines Gebührenzahlers oder einer Gebührenzahlerin leben –, sondern es darf nur derjenige oder diejenige, der oder die die Gebühren zahlt, wählen, und das per Fax.

Wir haben heute eine Diskussion über das Land gehabt. Wenn ich jetzt meinen Eltern im Außerfern sage, sie sollen sich bitte an dieser Wahl  beteiligen, die eine Fax-Wahl ist, dann muss ich feststellen, das nächste Faxgerät steht wahrscheinlich in fünf Kilometer Entfernung. Da frage ich mich, ob Sie das erreichen, was Sie haben wollen, nämlich eine breite Publikumsbeteiligung.

Es kommt noch hinzu, dass Sie damit Senioren wählen, die schon aus Mobilitätsgründen oder technischen Einrichtungsgründen ausgeschlossen werden. Aber Sie lassen jetzt auch Jugendliche wählen – gerade die Jugendlichen, die in einem gemeinsamen Haushalt leben und mitnichten die Rundfunkgebührenzahler sind; das wird wahrscheinlich der Vater oder in seltenen Fällen die Mutter sein. Sie haben auch keine einzige Frauenorganisation. Es gibt keine Frauenorganisation, die im künftigen Publikumsrat die Interessen der Frauen vertreten wird.

Aber Sie werden bei der Wahl wahrscheinlich auch zu berücksichtigen haben, dass wahrscheinlich, wie es nach wie vor noch üblich ist, die überwiegende Zahl der Anmeldungen der Rundfunkgebührenteilnehmer und -teilnehmerinnen auf Männer lautet. Das heißt, Frauen, Jugendliche und Senioren werden in dieser Wahl wahrscheinlich zur Minderheit gehören. Aber Sie lassen genau die Vertreter der Jugend und der Senioren bei dieser Wahl wählen.

Warum ist denn das so interessant? Warum hat man die Organisationen so penibel ausgesucht? – Da geht es um ganz klare Mehrheitsverhältnisse, liebe Kolleginnen und Kollegen der FPÖ! Da kommen Sie nicht zum Zuge. Das sind die neuen Mehrheitsverhältnisse, nämlich über die 50 Prozent im Stiftungsrat.

Ich weiß nicht, was sich Kollege Westenthaler da gedacht hat. Er hat diese Milliardenklage angezogen, von der er zurückgepfiffen wurde, weil er eines nicht bedacht hat – andere haben das schon bedacht –: Wie ist denn das zustande gekommen? Wie ist dieser Vertrag zwischen dem VÖZ und dem ORF zustande gekommen? Stand da nicht ein Regierungsmitglied dieser Bundesregierung Pate? Wurde dieser Vertrag nicht auch mit einem sanften Druck herbeigeführt, nämlich damit, im Parlament das Rundfunkgebührengesetz nicht zu verabschieden, wenn dieser Vertrag nicht zustande kommt? (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Er hat sich mit einem Nebenschauplatz beschäftigt, befand sich auf einer Nebenbahn und hat dabei wahrscheinlich übersehen, worum es bei diesen Regelungen in Wirklichkeit geht, nämlich um die Sicherung einer klaren politischen Mehrheit im künftigen ORF!

Es gäbe noch einige Punkte, ich will mich aber auf Grund der fortgeschrittenen Zeit hier nicht mehr zu lange verbreiten. Ich glaube, vieles ist gesagt. Ich appelliere an Sie, sich doch das eine oder andere Herz oder die eine oder andere Verantwortung für eines der wichtigsten nationalen, identitätsstiftenden Unternehmen zu nehmen und diesem Gesetz keine Zustimmung zu geben! Es schädigt den ORF, die Filmwirtschaft und die künstlerische Leistung unseres Landes, es schafft keinen echten Platz für privates TV, wie es uns immer vorgestellt wird. Es ist eine ganz andere Form: Die drittstärkste Partei Österreichs schwingt sich auf, auf Kosten eines


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