Bundesrat Stenographisches Protokoll 679. Sitzung / Seite 226

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Bereits bei der ersten Einbringung einer Gesetzesnovellierung zum ORF-Gesetz im März dieses Jahres, als dieses Gesetz, das Sie heute beschließen, noch gar nicht das Licht des Tages erblickt hat, gab es zwei Mal den Antrag Stoisits von grüner Seite im Verfassungsausschuss des Nationalrates, dass es künftig eine Beschränkung der Mitglieder des Kuratoriums geben soll, dass Politiker (Zwischenruf des Bundesrates Gasteiger ) – es tut mir Leid, es ist jetzt ein bisschen spät –, die dem Nationalrat, einer Regierung oder einem Landtag angehören beziehungsweise Parteiangestellte sind, nicht dem Kuratorium angehören dürfen. Dieser Antrag der Grünen wurde schon einmal von der früheren Regierung abgelehnt. Er ist im März dieses Jahres in den Verfassungsausschuss eingebracht worden, und Sie können sicher sein, dass ein Mediensprecher darüber Bescheid weiß und seine Zustimmung dazu gibt! (Beifall bei Bundesräten der SPÖ.)

23.56

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Bundesrat Herwig Hösele. Ich erteile ihm das Wort.

23.56

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich zitiere jetzt nicht die "Neue Freie Zeitung", sondern die "Neue Zürcher Zeitung": "Die Politisierung des ORF ist legendär. Unverhohlene Interventionen von Politikern sind Legion. Zwischen den Generalsekretariaten von ORF und Sozialdemokratischer Partei – SPÖ – gab es mehr als einmal einen fliegenden Wechsel." – Ich nehme an, es handelt sich bei dem, der solches festgestellt hat, um einen unabhängigen Beobachter Österreichs, der nicht in der Einflusssphäre der Koalitionsparteien steht.

In diesen Artikel stellt dieser Kommentator weiter fest: "Das Programm ORF 1 ist von einem Privatsender kaum zu unterscheiden. Das ist insofern anfechtbar, als es dem öffentlich-rechtlichen Auftrag widerspricht, der den Anspruch auf Gebühren begründet." – Dabei handelt es sich im Kern, wie ich glaube, um dasselbe, worum es bei der heutigen Beschlussfassung geht und was in der berühmten Polemik, die hier über parteipolitische Einflussnahme geführt wurde, fast ein wenig untergegangen wäre, nämlich um den öffentlich-rechtlichen Auftrag des ORF und um das duale System.

1984 gab es in Deutschland den Beginn des dualen Systems, bei uns kommt es hingegen erst nach einem Jahrzehnt medienpolitischen Stillstands, währenddessen offenbar gedacht wurde, dass die Generalsekretariate und Kanzlersekretariate die Medienpolitik mit Acht-Sekunden-Kürzungen und Ähnlichem abwickeln können, endlich zu dieser Ausprägung. Wenn der ORF eine langfristige Bestandssicherung haben will – da bin ich anderer Meinung als Sie, Herr Kollege Schennach –, dann ist es ganz entscheidend, dass der ORF insgesamt in einer sehr milden Reform von einigen kommerziellen Auswüchsen auf den Kernauftrag rückgeführt und die Unverwechselbarkeit des ORF gegenüber Privatsendern sichergestellt wird.

In diesem Zusammenhang macht es mich irgendwie betroffen, dass dann plötzlich die Landesstudios in Geiselhaft genommen werden sollen, weil es heißt: Um Gottes willen, jetzt sind die Landesstudios gefährdet! – So viel ich weiß, kostet ORF 1 sehr viel mehr als die Landesstudios und hat einen Nullinhalt – mit Ausnahme der Zeit im Bild, die durchgeschaltet ist – öffentlich-rechtlichen Auftrags. Im jetzt vorliegenden Gesetz ist erstmals festgeschrieben ... (Bundesrätin Schicker: Was ist mit dem Sport?) Ja, der Sport! Aber an sich kann ich in der zum Beispiel von Ihnen angesprochenen programmschöpfenden Kunstwirtschaft und Filmwirtschaft in ORF 1 nicht sehr viel erkennen, das möchte ich festhalten. Ich halte es aber vielleicht für eine Denkmöglichkeit, wenn sich das duale System ausbildet, dass möglicherweise der private Anbieter dort Impulse gibt. Darüber sollte man einmal nachdenken, ob das überhaupt immer nur der ORF machen muss und kann, denn das ist eine etwas eingeengte Sichtweise!

Zu den Landesstudios: Es ist erstmals gesetzlich abgesichert, dass den Landesstudios ein angemessener Finanzierungsanteil zur Verfügung gestellt werden muss. Die bisherige Praxis des ORF war so, dass die Geschäftsführung der Zentrale die Landesstudios auf den finanziellen Strich geschickt hat. Ich möchte jetzt keine Details ausbreiten, die Sie ohnedies wahr


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