Bundesrat Stenographisches Protokoll 679. Sitzung / Seite 267

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kein Luxus, sondern sie ist Existenzsicherung und zweitens auch eine Notwendigkeit zur Erhaltung dieses Staates. (Beifall bei der SPÖ.)

Tun Sie bitte nicht immer so, als ob jene Frauen, die arbeiten müssen und jene, die aus Luxus und absolutem Karrieredenken – auch das muss erlaubt sein; wenn es Männer haben, dürfen es Frauen auch haben – ... (Ruf: Frauen wie Sie!)  – Ich glaube, ich habe eine realistische Selbsteinschätzung. Die Arbeit hier im Bundesrat ist eine Tätigkeit, die ich leidenschaftlich und gerne ausübe, aber ... (Bundesrat Steinbichler: Was ist Karriere?)  – "Karriere" heißt "Lebenslaufbahn", und meine Lebenslaufbahn hat mich hierher gebracht. Ich glaube, Sie finden Ihre Existenz nicht schlecht, ich meine auch nicht.

Das heißt aber, dass Berufstätigkeit kein Punkt der Diskriminierung sein kann. Immer wieder, unterschwellig oder offen ausgesprochen, berufstätigen Frauen zuzuordnen, dass sie schlechtere Mütter seien, ist statistisch falsch, ist faktisch falsch und widerspricht der Lebenswirklichkeit! (Beifall bei der SPÖ.)

Eigentlich ist damit ... (Bundesrat Bieringer weist mit dem Zeigefinger auf das rote Lämpchen am Rednerpult.)  – Tut Ihnen der Finger weh? Brauchen Sie ein Pflaster? (Heiterkeit.) Der Herr Sozialminister ist eigentlich nicht damit angesprochen, sondern Kollege Bartenstein ist angesprochen, wenn wir über Qualität von Familie reden – insbesondere auch die ÖVP, die FPÖ hat sich da positioniert. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Kollege Bartenstein fordert eine Rund-um-die-Uhr-Gesellschaft, Flexibilisierung und Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten. Das bedeutet natürlich, dass nicht nur länger geöffnet ist, sondern dass die Menschen, die dort arbeiten, auch länger dort sein müssen. Das ist kontraproduktiv, wenn wir von Vereinbarkeit von Familie und Beruf sprechen. Es geht um die Qualität Existenzsicherung und Geld, es geht aber auch um die Qualität Zeit.

Wenn die ÖVP heute die zweitbeste Familienpartei sein will, dann ersuche ich, Herrn Minister Bartenstein zur Räson zu bringen und der Flexibilisierung dort, nämlich insbesondere in jenen Bereichen, in denen Niedriglohnarbeiter beschäftigt sind – aber es werden in der Folge auch alle anderen werden –, Einhalt zu gebieten. Denn die Qualität Beziehung hat auch die Notwendigkeit der Qualität Zeit. Eine Rund-um-die-Uhr-Gesellschaft auf der einen Seite und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf der anderen Seite ist der krasseste Widerspruch überhaupt! (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Schluss kommend noch zwei Punkte. (Demonstrativer Beifall bei Bundesräten der ÖVP. – Rufe bei der ÖVP: Ja! Schluss!)  – Ich lerne aus Ihren Reden. Ich denke mir etwas dabei; ich analysiere, es gibt Negatives, es gibt Positives. Ich glaube, Denken und Mitdenken sollte auch für Sie erlaubt sein. – Was will die Sozialdemokratie? Was wollen die sozialdemokratischen Frauen?

In der Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind wir in Wirklichkeit von einem Idealzustand meilenweit entfernt. Ich lade Sie ein, darüber nachzudenken, ob das Elternkarenzzeitmodell auch für Sie eine Denkvariante wäre. (Bundesrat Steinbichler: Von welcher Familie reden Sie?)

Ein Punkt stimmt, und niemand kann dem widersprechen: Wie hoch diese Geldleistung auch immer sein mag, das Geld wird nicht reichen. Ob es bis zum dritten Lebensjahr oder bis zum fünften Lebensjahr dauert, Familie und Kinder hat man ein Leben lang. Die Kinderbetreuung und Jugendbetreuung dauert nicht bis zum dritten Lebensjahr, nicht bis zum fünften Lebensjahr, sondern meistens über das zwanzigste Lebensjahr hinaus, auch wenn die jungen Menschen sonst schon sehr selbständig sind.

Das heißt, wir brauchen die Qualität Zeit und das Elternkarenzzeitmodell der SPÖ-Frauen. Sie haben es ja. Schauen Sie es sich an und überlegen Sie, ob es nicht grundgescheit ist, dass man Müttern und Vätern die Möglichkeit gibt, flexibel – positiv gemeint – in Karenz zu gehen, wenn die Kinder die Eltern besonders brauchen! Das ist eine individuelle Angelegenheit, etwa vor Eintritt des Kindes in die Schule, etwa vor dem Besuch des Kindergartens. Wer Kinder hat


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