Bundesrat Stenographisches Protokoll 679. Sitzung / Seite 294

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Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Horst Freiberger. Ich erteile ihm das Wort.

13.33

Bundesrat Horst Freiberger (SPÖ, Steiermark): Herr Vizepräsident! Herr Bundesminister! (Der Redner stellt eine Tafel mit einem Zitat von FCG-Vorsitzenden Fritz Neugebauer vor sich auf das Rednerpult.) Jetzt stelle ich da die Aufforderung des Herrn Neugebauer für Kollegen Bieringer hin, damit er das immer wieder in Erinnerung gerufen bekommt, was ihm sein Gewerkschaftsvorsitzender für die heutige Sitzung empfiehlt. Es können und sollen sich selbstverständlich auch andere Kolleginnen und Kollegen angesprochen fühlen. Vielleicht kommt Kollege Bieringer, Gewerkschafter und ÖAAB-Funktionär, noch einmal herein, der immer vorgibt, ein christlich-sozial denkender Mensch zu sein, und besinnt sich möglicherweise diesen Grundwerten wieder. (Ruf bei der ÖVP.) Er hat eine Besprechung mit Neugebauer? – Vielleicht wird ihn Kollege Neugebauer von dieser wichtigen Sache überzeugen, gegen diesen Gesetzesvorschlag zu stimmen. Es sollten sich viele andere auch noch angesprochen fühlen. (Weiterer Ruf bei der ÖVP.)

Nein, das glaube ich nicht, da gibt es eindeutig stärkere Persönlichkeiten. Das hat sich klar herauskristallisiert. Da wird sich Neugebauer sicherlich durchsetzen. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Polleruhs. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich bei Kollegen Kneifel für seine Einleitung bedanken. Selbstverständlich stelle auch ich das in den Vordergrund und an den Beginn meiner Rede, dass das österreichische Gesundheitssystem international einen ganz hohen Stellenwert hat. (Beifall bei der SPÖ.) Wir haben einen sehr hohen Standard im Gesundheitssystem. Wir haben eine kostengünstige Sozialversicherung durch Pflichtversicherung und Selbstverwaltung, das ist ganz entscheidend, und die Versicherten haben sehr niedrige Beiträge zu entrichten.

Ich kann Ihnen ein Beispiel einer vielleicht Durchschnittsfamilie oder auch nicht Durchschnittsfamilie in Österreich bringen: Eine Familie mit zwei Kindern und einem Familieneinkommen in der Höhe von 25 000 S brutto zahlt in die jetzige Sozialversicherung 850 S ein. Im Vergleich mit der Bundesrepublik Deutschland – Sie, Herr Minister, haben gesagt, dass darüber nachgedacht wird, und es steht auch im Koalitionsübereinkommen, dass man vielleicht von der Pflichtversicherung zu einer Versicherungspflicht übergeht; in der Bundesrepublik Deutschland gibt es dieses System bereits – wäre von dieser Familie für die gleichen Leistungen, die man nach dem österreichischen Sozialversicherungssystem bekommt, ein Betrag in der Höhe von durchschnittlich 1 712 S zu entrichten. Es haben nicht alle Versicherungsanstalten dieselben Tarife, aber im Durchschnitt würden 1 712 S herauskommen – im Vergleich zum österreichischen System mit 850 S.

Das sei auch einmal ganz klar gesagt, dass dieses System der Pflichtversicherung mit der Selbstverwaltung das optimalste System ist, und das hat bis jetzt auch sehr gut funktioniert. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es kommt eines dazu: Dieses Sozialversicherungssystem genießt bei den Versicherten und der Bevölkerung eine ganz hohe Akzeptanz. Es sind also die Leute gar nicht interessiert an neuen Experimenten in Richtung einer Versicherungspflicht oder in Richtung mehr Privatisierung in diesem Bereich oder in Richtung höhere Selbstbehalte. Die Leute haben in dieses Sozialversicherungssystem, in dieses Gesundheitssystem, wie es jetzt besteht, großes Vertrauen, und es zeichnet sich durch sehr hohe Akzeptanz aus.

Was machen Sie von den Regierungsparteien? – Sie verschlechtern ganz einfach Leistungen in dem System und verteuern das Gesundheitssystem für die Versicherten. Man braucht nur das Beispiel der Krankenkassen herzunehmen; Kollegin Bachner hat das bereits sehr genau dargestellt, ich möchte es nur noch einmal in Erinnerung rufen. Der Einnahmenverlust bei den Krankenkassen ist, nur was die Abgeltung der Mehrwertsteuer auf Medikamente betrifft, gewaltig. Die Beitragssenkung für die Arbeitgeber stellt einen gewaltigen Einnahmenverlust für die


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