Bundesrat Stenographisches Protokoll 679. Sitzung / Seite 309

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Bundesrat Herwig Hösele (fortsetzend): Lernen Sie Geschichte, Herr Würschl! (Zwischenrufe.)

Herr Kollege Würschl! Dieses Inserat des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (der Redner zeigt ein Blatt einer Zeitung mit einem Inserat mit dem Titel: "Demo für Demokratie") ist vor vierzehn Tagen in Zeitungen erschienen. In diesem Inserat heißt es: Demokratische Wahlergebnisse werden nicht akzeptiert. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Hoscher.  – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich frage Sie: Akzeptieren Sie die demokratischen Wahlergebnisse der Arbeiterkammern? Akzeptieren Sie die demokratischen Wahlergebnisse vom 3. Oktober 1999? (Ruf bei der SPÖ: 27 Prozent!) Akzeptieren Sie die Zusammensetzung des Bundesrates? (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich frage Sie nur.

Ich frage Sie weiters (Bundesrat Manfred Gruber: Ihre Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel!), weil hier in einer für mich etwas bedauerlichen Weise immer dargestellt wurde, als würden 80 Prozent ... (Bundesrat Manfred Gruber: Wer hat die Bronzemedaille bei der letzten Nationalratswahl bekommen?)

Ich frage mich, wie das System der Selbstverwaltung wirklich zu sehen ist. (Ruf bei der SPÖ: Ich habe es dir eh erklärt!) Ist es nicht so, dass bei den Unselbständigen die Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern paritätisch geleistet werden? Ist es nicht so, dass die AUVA-Beiträge allein von den Arbeitgebern geleistet werden? Ist es nicht so, dass öffentlich Bedienstete Beiträge leisten? Ist es nicht so, dass Landwirte, Bauern Beiträge leisten? Ist es nicht so, dass Selbständige Beiträge leisten? – Zu sagen: Demokratisch ist, wenn 80 Prozent Sozialdemokratie sind und 20 Prozent Berufsgruppen, die anders vertreten sind!, das ist doch nicht akzeptabel!

Wenn die Arbeiterkammer ... (Anhaltende heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Wieso, frage ich Sie ...

Präsident Alfred Schöls: Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich bitte wirklich um mehr Disziplin. Sollte diese im Rahmen der Plenardiskussion nicht möglich sein, so beabsichtige ich – das kündige ich an –, die Sitzung zu unterbrechen und eine Präsidiale einzuberufen, sollten sich die Gemüter nicht beruhigen.

Ich bitte wirklich, auch den Redner seine Argumente vortragen zu lassen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Bundesrat Herwig Hösele (fortsetzend): Darf ich eine kleine Bemerkung zum Jahr 1934 machen? – Ich bin im 68er-Jahr ff politisch aufgewachsen. Ich war aber eher ein so genannter – wie es damals in der Diktion der Leute, die sich auf Marcuse und Habermas berufen haben – Scheiß-Liberaler, kein Rechter, sondern ein so genannter Scheiß-Liberaler, der immer gesagt hat: Die Demokratie ist gut, und die kritischen Intellektuellen, vor allem auch der Frankfurter Schule, sind ganz wichtig, aber ich kann deren Totalitätsanspruch nicht nachvollziehen! Dann ist immer mit der Faschismuskeule auf uns eingeschlagen worden.

Zum Jahr 1934: Ich habe immer gedacht, man hat daraus seine Lehren gezogen (Bundesrat Manfred Gruber: Scheinbar nicht!), selbstverständlich auch auf der Seite der Österreichischen Volkspartei, das ist gar keine Frage. Ich rede auch heute nicht davon, sage ich Ihnen ganz offen, weil mich das wirklich betroffen gemacht hat.

Wir haben heute den 20. Juli 2001. "Widerstand" ist eine der großen Parolen, die gegen diese Regierung ausgegeben worden ist. Ich möchte am 20. Juli 2001 über die Angemessenheit dieser Parole nichts sagen, das möchte ich ganz ehrlich sagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Bundesrates Winter. ) Ich sage nur: Ein demokratisch legitimiertes Parlament setzt daher mit der heute zu beschließenden Novelle legitime und notwendige Schritte der Demokratisierung der Selbstverwaltung. (Ironische Heiterkeit des Bundesrates Gasteiger. )


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite