Bundesrat Stenographisches Protokoll 679. Sitzung / Seite 311

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

einer Demokratie in keiner Weise schüren sollten, sondern dass eine Auseinandersetzung an sich ein Diskurs der Argumente sein soll. Mir ist auch klar, dass es Sensibilitäten gibt, auf die ebenfalls Rücksicht zu nehmen ist.

Ich bleibe wie zu Beginn meiner Rede bei der Zitierung des Wiener Programms der SPÖ: Demokratie bedeutet politische Willensbildung durch Mehrheitsbeschluss und gleichzeitig auch Achtung vor den Rechten der Minderheit. – Diesbezüglich ist auch mir klar, dass die Mehrheit eine größere Verantwortung hat. Ich gehe aber auch davon aus, dass diese Mehrheit in einer sehr verantwortungsvollen Weise – denn sie wäre in der Gestaltung der 58. ASVG-Novelle frei gewesen – die demokratischen Anliegen wahrgenommen hat.

In diesem Sinne wollte ich abschließend noch sagen, dass mit diesem Gesetz, mit der 58. ASVG-Novelle, noch nicht ganz die große notwendige Strukturreform zur langfristigen Absicherung des Sozialversicherungssystems gelungen ist, dass aber ein entscheidender Beitrag in dem Sinn geleistet wurde, dass ein System, das höchst innovationsresistent war, demokratischer geworden ist und dass hiemit Voraussetzungen für die notwendige Strukturreform geschaffen wurden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

15.38

Präsident Alfred Schöls: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kainz. – Bitte.

15.38

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wenn Herr Kollege Hösele jetzt gesagt hat, Demokratie bedeute politische Willensbildung durch die Mehrheit – ich glaube, so ähnlich hat er es formuliert –, dann ist das zwar richtig, dennoch entstehen solche Situationen, wie wir sie heute erlebt haben – und das ist nicht die erste Thematik, bei der wir in der politischen Willensbildung keinen Part in der Diskussion mehr empfinden.

Ich bekenne mich zu demokratischen Beschlussfassungen durch Mehrheiten, auch wenn die Inhalte nicht dem entsprechen, was ich mir vorstellen, was sich meine Fraktion vorstellen würde. Nur war es auch in Zeiten, in denen politische Mehrheiten in anderer Zusammensetzung gesucht werden mussten, möglich, in der Diskussion Argumente einzubringen. Sachliche Einwände wurden – wenn auch nicht alle, aber doch zum Teil – berücksichtigt. Das war vor allem auch das Wesen der Sozialpartnerschaft, über Weltanschauungen und über Interessenpolitik hinweg zu Kompromissen zu kommen.

Aber das, was wir derzeit erleben, widerspricht nach unserer Einschätzung ganz entschieden diesen seit vielen Jahrzehnten geübten Gepflogenheiten.

Es wird Gelegenheit zur Diskussion gegeben. Diese Diskussion ist jedoch nicht führbar, und wenn, dann unter dem Titel: Man verwirre mich nicht durch Tatsachen! – Vor diesem Hintergrund möchte ich mich wirklich nur auf einige ganz grundsätzliche Bemerkungen beschränken, die sich bei der Diskussion über die 58. Novelle des ASVG aufdrängen.

Auch wenn der Herr Minister heute gesagt hat, dass die Frage der Veränderung des Systems von der Pflichtversicherung zur Versicherungspflicht kein Thema sei, so hat er das aber auch nicht klar bestritten, sondern nur ausgeführt, dass die Möglichkeiten geprüft werden.

Meine Damen und Herren! So wie wir die Prüfung dieser Möglichkeiten jetzt erleben, ist meiner Ansicht nach der Verdacht nicht von der Hand zu weisen, dass diese Prüfung eben in diese Richtung ausfallen wird, vor allem auch deshalb, weil im Koalitionsübereinkommen diese Änderung dezidiert angesprochen ist. Ohne das als Provokation zu empfinden, müssen Sie mir doch gestatten, zu fragen, wer den Nutzen aus diesen Dingen zieht: die Versicherten sicher nicht!

Ich werde Ihnen jetzt nicht im Einzelnen alle Nachteile einer Privatversicherung anführen, denn ich glaube, jene, die bereits jetzt durch Zusatzversicherungen oder auch in anderen Bereichen, etwa in der KFZ-Versicherung, mit derartigen Dingen zu tun haben, wissen, wie das Kleinge


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite