Bundesrat Stenographisches Protokoll 680. Sitzung / Seite 40

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Menschenrecht und Völkerrecht sind wesentliche Bestandteile für die Qualität und das Ethos der EU. Wenn wir das von Mitgliedstaaten und von präsumtiven Mitgliedstaaten nicht einfordern, dann können wir nicht sagen, sie seien EU-reif – auch wenn sie noch so sehr wirtschaftliche Kompetenz und Wachstumsraten aufweisen. Aber mit einem solchen Geist gegenüber der Vergangenheit kann man nicht EU-reif sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In diesem Zusammenhang fällt mir auf, dass der Bilderbuchfall "Völkermord" von Ermacora in Bezug auf die Beneš-Dekrete und die Vertreibung der Sudetendeutschen anscheinend – so wird mir gesagt – nicht mehr die Wertigkeit im Außenamt hat. Derzeit soll angeblich ein deutscher Professor namens Tomuschat, der in der Vertreibung der Sudetendeutschen keinen Völkermord zu erkennen vermag, die Meinung des Außenamtes wiedergeben. Es würde mich sehr erstaunen, dass wir in der Meinungsbildung des Außenamtes einen bekannten österreichischen Professor durch einen mir bis jetzt unbekannt gewesenen deutschen Professor ausgetauscht haben.

Abgesehen von den Toten, wurden im Bereich der damaligen Tschechoslowakei immerhin 1-Billion-Schilling-Werte konfisziert und der damaligen tschechoslowakischen Republik einverleibt. Übrigens wird am 9. November auf Schloss Stirin ein Gespräch über die Tschechische Republik und Österreich im zusammenwachsenden Europa stattfinden.

Es ist dies ein sehr bedeutendes Programm, aber die Beneš-Dekrete werden darin nicht angesprochen. Es gibt die österreichisch-tschechischen Gespräche. Ein Gespräch fand im März statt und verlief nicht nach den Vorstellungen der Tschechischen Republik. Professor Karner hatte eine Studie erstellt, die nicht den Vorstellungen der Tschechen entsprach. Ist es zutreffend, dass Professor Karner auf Grund dieser Studie durch den ehemaligen Vizekanzler Busek ersetzt wurde? Zu welchem Vorteil wurde Karner durch Busek ersetzt?

Ein weiterer Punkt: Wir haben hier im Außenpolitischen Bericht angesprochen, dass der Staat Irak durch mit Luftangriffen verbundene Kontrollflüge amerikanischer und britischer Kampfflugzeuge in den vom Irak nicht anerkannten Flugverbotszonen bestraft wurde. Wir haben im Ausschuss festgestellt: Es gibt keine UNO-Resolution, die Flugverbotszonen festlegt, folglich sind diese Angriffe, geflogen von Großbritannien und den Vereinigten Staaten, völkerrechtswidrig und fallen eigentlich unter die Kategorie Kriegsverbrechen, da hiemit ständig ein unerklärter Angriffskrieg stattfindet.

In der jetzigen Situation wäre es sehr richtig – das würde ich auch sehr begrüßen –, dass Österreich durch eine komplette Botschaft in Bagdad vertreten wäre. Die Beobachtung eines Landes mit legalen Mitteln – und manchmal auch mit Mitteln, die man durch persönliche Bekanntschaft hat – ist nur durch eine vollständige Präsenz am Ort des Geschehens möglich. Es wird dem Staat direkt vorgeworfen, fürchterliche, verbotene Waffen zu produzieren. Das mag sein, aber wenn wir am Ort sind, können wir durch Gespräche danach Ausschau halten, was man verhindern kann und was an diesen Gerüchten wahr ist. Es wäre mir sehr recht, wenn wir diese Sache demnächst feststellen können und hiezu die Botschaft eröffnet wird. (Zwischenrufe des Bundesrates Dipl.-Ing. Missethon sowie bei der SPÖ.)

Es wundert mich ein bisschen – ich werde selbst dabei sein –, dass demnächst eine Frau Nasreen Mustafa Sideek, "Ministerin für Wiederaufbau und Entwicklung" im "Kurdistan Regional Government", nach Österreich kommt. Wollen wir durch einen solchen Besuch die Teilung des Iraks mit vorbereiten? – Ich werde mit die Gespräche führen und bin in dieser Hinsicht jetzt erstaunt. Wir haben oft Dissidentengruppen im Parlament, und es ist immer wieder sehr interessant, diese zu Gesprächen zu empfangen. Ich kann mich erinnern, vor vielen Jahren waren es kurdische Vertreter aus der Türkei. Aber dass wir gleich so genannte "Minister" empfangen, wundert mich ein bisschen. Andererseits nimmt sie, wenn sie herkommt, vielleicht Rücksicht auf ihr Land und wird sich – ich weiß schon, dass auch das dahintersteckt – um Minensuchgeräte kümmern. Minensuchgeräte kann man an jeden verkaufen. Da sollte sich Österreich nicht scheuen, und das wird es auch nicht tun.


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