Bundesrat Stenographisches Protokoll 680. Sitzung / Seite 62

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12.50

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Vorweg gilt auch mein Dank den Beamten und Mitarbeitern im Ministerium für dieses umfassende Werk. Kollege Würschl hat es anfangs richtigerweise gewürdigt. Ich sehe das auch so. Ich glaube, es bietet einen guten Einblick für all jene, die sich für die Problematik Landwirtschaft interessieren.

Gratulation auch an den Herrn Minister: In diesen Zeitraum sind auch gewaltige und internationale Krisen gefallen, und es wird auch, wie der Berichterstatter erwähnt hat, die Lage der österreichischen Landwirtschaft im Binnenmarkt dargestellt. Ich glaube, in solch schwierigen Zeiten wie der BSE-Krise, die den Bauernstand bis in die Fundamente erschütterte und auch jetzt noch erschüttert, der Maul- und Klauenseuche und einem medial inszenierten Medikamentenskandal bedarf es einiger Ruhe und Besonnenheit, um das Schiff zu steuern.

Ich wollte mich bei Kollegen Schennach entschuldigen, weil ich gesagt habe, ich möchte versuchen, etwas Realität in dieses Zahlenwerk zu bringen, weil ich Angst vor manchen dunkelgrünen Visionen habe. Ich bitte, das nicht parteipolitisch zu sehen. Ich zitiere Frau Ministerin Künast, die in der letzten Ausgabe der "top agrar" zitiert wurde, die meinte, sie sei aus einem Traum erwacht und habe sich die Situation der Landwirtschaft und des Landes im Jahre 2010 vorgestellt. Ich habe große Sorge, dass man solche Minister schnell aufwecken muss, damit sie nicht an der Realität vorbeileben, denn zum Träumen ist keine Zeit. Ich glaube, das ist ganz wesentlich. Wenn man sieht, welch gewaltigem Strukturwandel wir unterliegen und was hier vor sich geht, dann ist zum Träumen fürwahr keine Zeit.

Kollege Würschl! Du hättest nicht erwähnen müssen, dass du kein aktiver Bauer bist, das ist ganz klar. Es würde mir auch schwer fallen, eine Statistik von einem Bereich zu kommentieren, für den ich nicht richtig kompetent bin.

Ich darf aber doch etwas anmerken und – bevor ich dann doch einige Sätze zur SPÖ und zur neuen Strategie für den ländlichen Raum sage – einige Punkte aus der Realität ins Spiel bringen. Ich habe Sorge – so wie von dir, lieber Kollege, der Bereich der Großbauern und der Milliardeneinkommen kommentiert wurde –, dass das völlig falsch gesehen wird. Ich möchte hier einen Bereich erwähnen, zugestehend, dass es Sparten gibt, die einen Einkommenszuwachs erzielen konnten, in dem die Entwicklung Gott sei Dank positiv war, wie in diesem Grünen Bericht richtig ausgewiesen wurde.

Ich darf dazu einiges anmerken: Positiv verlief diese Entwicklung deshalb, weil durch Investitionsmaßnahmen technische Verbesserungen und Produktivitätssteigerungen erreicht werden konnten. Wir brauchen uns nicht darüber zu unterhalten, welche Kosten diese technischen Investitionen heute verursachen; ich glaube, das wird völlig unterschätzt.

Wenn die deutsche Landmaschinenindustrie mit einem Minus von 17 Prozent völlig darnieder liegt, dann fürchte ich, dass diese Entwicklung auf Österreich überschwappt und wir dann in der Folge sehr große Probleme auf den Arbeitsmärkten bekommen, vor allem wenn man bedenkt, dass in Österreich derzeit 140 000 Menschen hauptberuflich in der Land- und Forstwirtschaft beschäftigt sind. Zusammen mit den im vor- und nachgelagerten Bereich Beschäftigten sind es 660 000 Leute. Das wird immer noch völlig unterschätzt, auch von Spitzenmedien, die sich einfach zu schreiben trauen, die Landwirtschaft sei ein unproduktiver Sektor, und man müsste sich eigentlich das Hobby Landwirtschaft gar nicht mehr leisten, weil über multifunktionale Märkte Lebensmittel, egal welcher Qualität, viel günstiger zu bekommen wären.

Ich denke, da müssen auch die Medien einlenken und endlich darstellen, welch wesentliche Rolle eine funktionierende Landwirtschaft auf dem Arbeitsmarkt spielt, aber auch welchen Wert eine gepflegte Kulturlandschaft hat. Was ist die Alternative dazu? Wildnis und Investitionen auf dem Arbeitslosenmarkt? – Ich glaube, das muss man schon in einem Gesamtzusammenhang sehen, und ich bitte auch hier die Medien, in Zukunft besser zu recherchieren und in Anbetracht ihrer wichtigen und verantwortungsvollen Aufgabe die Sachverhalte besser darzustellen.


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