Bundesrat Stenographisches Protokoll 680. Sitzung / Seite 92

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

15.15

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Diesen Bericht zur Kenntnis zu nehmen bedeutet, das ständige Wachstum und Explodieren des Abfalls und auch die Tatsache, dass das kein Abfallvermeidungsbericht ist, zur Kenntnis zu nehmen.

Herr Bundesminister! Ich glaube, Ihr Herz brennt mehr beim ersten Teil der heutigen Debatte – bei der Landwirtschaft. (Bundesminister Mag. Molterer: Das werden Sie erst sehen!) – Das sage ich jetzt einmal. Aber Ihr Herz brennt meiner Meinung nach nicht beim zweiten Teil Ihrer Ressortverantwortung, der Umweltpolitik.

Was sagt uns dieser Bericht, und was sind die politischen Maßnahmen, die Sie, Herr Minister, dem entgegenstellen? – Dieser Bericht sagt, dass wir ein steigendes Hausmüllaufkommen und einen massiven Trend zum Ausbau der Müllverbrennung haben. Was die Steigerung beim Hausmüll betrifft, so ist dieser von 2,5 Millionen Tonnen im Jahr 1993 auf über 3 Millionen Tonnen im Jahr 1999 angewachsen. Das ist ein verheerendes Bild für eine Abfallpolitik, von der man behauptet, damit Abfall vermeiden zu wollen.

In Ihre Ressortführung, Herr Minister, fällt etwas, was sich heute als ein zahnloses Instrument darstellt, nämlich die freiwillige Selbstverpflichtung bei der Wiederbefüllung beziehungsweise bei der umweltgerechten Verwertung von Getränkeverpackungen. Die Zahlen beweisen: Diese freiwillige Selbstverpflichtung – eine Erfindung von Ihnen, Herr Minister – greift nicht. Der Trend in Richtung Einwegverpackungen explodiert, vor allem im Getränkebereich. Seit der Zielverordnungs-Novelle, die Sie erlassen haben, ist der Anteil von Einwegflaschen bei den Mineralwässern innerhalb eines Jahres von 49 auf 56 Prozent gestiegen!

Würden wir diesen Bericht heute zur Kenntnis nehmen, dann nähmen wir diese Entwicklung widerstandslos hin. Diese freiwillige Selbstverpflichtung bedeutet nämlich letztendlich ein Ende der Abfallvermeidungspolitik, zu der wir uns in der Vergangenheit immer bekannt haben. Diese hat durch diese freiwillige Selbstverpflichtung insofern eine schwere Schlagseite bekommen, als die Umweltstandards dadurch ständig nach unten nivelliert werden.

Sie, Herr Minister, haben statt der gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen zur Korrektur eine Verordnung erlassen, die sich im Grunde diesem Trend zur Einwegverpackung angepasst hat. Noch dazu – und das findet sich auch in diesem Bericht wieder – ist dieser Regelung eine falsche Angabe im Zusammenhang mit der Quotenberechnung zugrunde gelegen. Trotz zahlreicher Einwendungen, die bereits zuvor von verschiedensten Seiten erfolgt waren, wurde diese Quotenberechnung nicht verbessert.

Glas wird gegenüber Kunststoff klar benachteiligt. Jetzt frage ich Sie, Herr Minister: Sind Sie überhaupt an legistischen Maßnahmen zur Abfallvermeidung interessiert? – Ich habe angesichts der Verordnungen, die Sie erlassen haben, den Eindruck, dass Sie offensichtlich nicht daran interessiert sind, denn der Trend geht in Richtung Aus für Mehrwegsysteme.

Wenn wir zum Beispiel den Bereich der Mineralwässer hernehmen, so haben wir im Juli 1998 noch 64 Prozent Glasflaschen gegenüber 35 Prozent PET-Flaschen gehabt. Im Juli 2001 hatten wir bereits 67,6 Prozent PET-Flaschen und nur mehr 32,4 Prozent Glasflaschen. – Das ist ein K. o. für ein ökologisches Mehrwegsystem!

Irgendwann werden wir auch bei den Mineralwässern nur mehr Plastikflaschen haben – und das, obwohl die Mehrwegsysteme nicht nur ökologisch, sondern auch betriebswirtschaftlich günstiger sind, wie eine Studie der Öko-Consult erst unlängst bewiesen hat.

Zweiter Punkt: der starke Trend hin zur Müllverbrennung. – Derzeit werden 535 000 Tonnen verbrannt; Sie gehen von einer jährlichen Steigerung um 65 000 Tonnen aus. – Selbst derzeit


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite