Bundesrat Stenographisches Protokoll 681. Sitzung / Seite 77

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Ich bin aber fest davon überzeugt, dass die Bürger klüger und verantwortungsbewusster sind, als mancher Demagoge es wahrhaben will. Es muss nur dieser mühsame Prozess des Erklärens und Diskutierens wahrgenommen werden. Das ist, so glaube ich, Aufgabe einer verantwortungsbewussten Politik, und zwar auch bei Darstellung aller Gegensätze.

In diesem Sinn darf ich auf einen von den drei Fraktionen getragenen Selbständigen Antrag, eingebracht von den Fraktionsführern Bieringer, Prof. Konecny, Dr. Böhm und Kolleginnen und Kollegen, betreffend Einrichtung eines Konvents für den Post-Nizza-Prozess verweisen. Besonders wichtig für das notwendige Vertrauen in die Politik ist die Überschaubarkeit, das ist eine Binsenweisheit. Ein Europa der Bürger kann nur ein Europa der Regionen sein. Daher ist in sehr vielen EU-Mitgliedstaaten der Dezentralisierungsprozess erfreulicherweise weiter vorangeschritten, zuletzt mit dem Referendum in Italien.

Damit komme ich auch zum österreichischen Bundesstaat und zu der von Kollegem Schennach angesprochenen Bundesratsenquete im Juni mit vielen bemerkenswerten, richtigen und wichtigen Anregungen, auf die es in den nächsten Monaten auch noch zurückzukommen gilt. Wenn nun der Bundesrat heute dem Ermächtigungsgesetz und allen anderen Beschlüssen des Nationalrates im Zusammenhang mit dem Vertrag von Nizza ausdrücklich zustimmt, so ist das ein Signal seiner staatspolitischen Verantwortung. Ich hoffe, dass auch die anderen Organe der Republik ihre staatspolitische Verantwortung in föderalistischen Fragen wahrnehmen. Ich nenne nur – das ist ein für mich nahe liegendes Beispiel – das im Vorjahr vom Bundesrat einstimmig geforderte Stellungnahmerecht des Bundesrates.

Als positiv aus der Sicht der Länderkammer möchte ich im Zusammenhang mit dem Nationalen Sicherheitsrat die Möglichkeit hervorheben, dass in diesen auch Mitglieder des Bundesrates entsandt werden können.

Daher abschließend ein Ja zum Sicherheitsrat, ein Ja zu den Gesetzen im Zusammenhang mit dem Nizza-Vertrag, ein Ja zu einer gemeinsamen rot-weiß-roten Sicherheits-, Außen- und Staatspolitik mit dem Föderalismus als integrierenden Bestandteil. (Beifall bei der ÖVP.)

14.42

Präsident Alfred Schöls: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Prof. Albrecht Konecny. Ich erteile es ihm.

14.43

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es ist von großer Bedeutung, dass wir in dieser Sitzung unsere Zustimmung geben zu einer der staatspolitisch bedeutsamsten Reaktionen, die als Ergebnis der Attacken des 11. September in einem für diese Regierung ungewöhnlichen Stil vorgeschlagen, beschlossen und schließlich im Nationalrat verabschiedet wurden.

Ich glaube, es ist eine gute Gelegenheit, sich daran zu erinnern, dass die Diskussion über die Rolle der Opposition oder von Oppositionsparteien in diesem Land in vielen Fällen von einer falschen Position aus geführt wird. Es ist naturgemäß die Aufgabe der Opposition, die Regierung mit alternativen Vorschlägen implizit zu kritisieren, Fehler dieser Regierung explizit anzuprangern und sich auch darauf vorzubereiten, Verantwortung zu übernehmen, falls dies die Wähler wollen. Aber es gibt natürlich zentrale staatspolitische Entscheidungen, die nicht die Entscheidungen einer Regierung, sondern die Entscheidungen für die Nation sind und die folgerichtig von allen politischen Kräften des Landes getragen werden sollten.

Wir haben uns vom ersten Augenblick an, in dem deutlich wurde, dass die Regierung bereit ist, sich einem solchen Konsensprozess zu stellen – der natürlich auch bedeutet, Anregungen und Meinungen der Opposition nicht nur zu hören, sondern auch tatsächlich zu berücksichtigen –, für unsere aktive Teilnahme an diesem Prozess entschieden. Das Ergebnis – also beispielsweise das Bestehenlassen des Außenpolitischen Rates trotz der Schaffung des Nationalen Sicherheitsrates, weil es eine Menge außenpolitischer Fragen gibt, die man nur mit gewissen Vergewaltigungen unter Sicherheitspolitik subsumieren kann – ist das Ergebnis einer solchen Zusammenarbeit und daher in höchstem Maße zu begrüßen.


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