Bundesrat Stenographisches Protokoll 681. Sitzung / Seite 85

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auf das Thema Nizza. Ich glaube auch, dass es ein wichtiges Signal des Parlaments ist, wenn wir diesem Gesetz unsere Zustimmung geben. Ich gebe aber diese Zustimmung nicht aus dem Grund, dass ich meinem Koalitionspartner gegenüber loyal bin, sondern ich gebe sie aus tiefster Überzeugung.

Das Ergebnis von Nizza, das heute mehrmals kritisiert worden ist, ist, so glaube ich, auch das Ergebnis eines mutlosen Handelns von europäischen Regierungen. Wenn nationale Interessen überhand nehmen, dann kommt genau solch ein Ergebnis heraus und dann muss mit viel Mühe nachjustiert werden.

Ich möchte das vielleicht an einem Beispiel noch deutlicher darstellen, und zwar an einem Gegenpol. Wenn Helmut Kohl damals lange gefragt hätte: Sollen wir die Mauer jetzt niederreißen oder nicht?, dann wäre das wahrscheinlich nie passiert. Er hat es getan und damit in Wirklichkeit die Osterweiterung eingeleitet. Damit meine ich, dass ich mir von den Regierenden wünschen würde, dass wir wieder ein Stück mehr Verantwortung für Europa übernehmen und nicht nur für Österreich – auch, aber nicht nur.

Das Votum in Irland ist heute auch angesprochen worden. Nur ein Drittel der Bevölkerung hat gewählt, zwei Drittel haben nicht gewählt. Ich glaube, das sollte uns nachdenklich machen. Das Ergebnis ist zu respektieren, das haben wir als Demokraten zu respektieren, aber dass zwei Drittel nicht zur Wahl gegangen sind, sollte uns eigentlich nachdenklich machen.

Was mir auch in der Diskussion auffällt, ist, dass die Europäische Union eine eigene Sprache entwickelt hat. Mir kommt es so ähnlich vor wie die EDV, die ebenfalls eine eigene Sprache entwickelt hat. Da gibt es eigene Begriffe mit Begriffswelten darunter, und wenn man diese Begriffe nicht versteht, dann ist man außerhalb dieses Systems, außerhalb des Verstehens.

Ich glaube, dass wir hier sehr vorsichtig sein, sehr sensibel hinschauen müssen und dass wir – da haben wir als Abgeordnete auch Verantwortung – übersetzen müssen. Es hat bei uns im Bezirk eine Stelle gegeben, die EU-Regionalmanagement geheißen hat. Mittlerweile haben wir das "EU" leider gestrichen, jetzt heißt es nur mehr Regionalmanagement. Aber ich glaube, dass wir solche "Übersetzungsbüros" brauchen, die quasi die europäische Sprache in die regionale Sprache übersetzen. Das wäre mir persönlich sehr wichtig.

Ich glaube auch  – ich habe das das letzte Mal schon gesagt, Herr Kollege Gudenus –, dass wir mit dem Begriff "Zentrale in Brüssel" vorsichtiger sein sollten, weil wir alle die Zentrale sind. Auch die Freiheitliche Partei ist in dieser Zentrale. Europa ist auch freiheitlich. Das, was in Brüssel bestimmt wird, was in Brüssel an Regelungen entwickelt wird, hat in Wirklichkeit auch eine freiheitliche Handschrift. Ich glaube, dass wir, wenn wir auf die Zentrale schimpfen, uns auch ein wenig selbst schimpfen, und da sollten wir vorsichtig sein. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Gudenus. )

Was vielleicht noch wichtig zu erwähnen ist, weil es ein Beispiel dafür ist, wie es auch anders geht, ist: Wir haben mit der Zukunftsregion "Alte Nachbarn – neue Partner" ein wirklich bemerkenswertes Modell im Land Steiermark in Partnerschaft mit Slowenien entwickelt. Wenn man heute in der Steiermark die Menschen fragt: Wollt ihr, dass Slowenien dazukommt?, dann wird man wahrscheinlich eine sehr hohe Zustimmung bekommen. Diese Zusammenarbeit hat sich über mehrere Ebenen entwickelt. Das reicht von der Zusammenarbeit zwischen den Ländern bis hin zu Gemeindepartnerschaften, die in den letzten Jahren ganz intensiv entwickelt wurden. Ich glaube, wir als Steirer freuen uns, dass Slowenien und auch Ungarn dazukommen und dass auch sie gleichberechtigte und gleichwertige Partner in einem erweiterten Europa sein werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend noch etwas zum Thema Kompetenzverlagerung und zu dem, was uns Herr Landtagspräsident Schreiner gesagt hat: Das Ergebnis der Landtagspräsidentenkonferenz nehme ich als Abgeordneter und als Bundesrat zur Kenntnis. Das dient mir persönlich als Teil meiner Meinungsbildung. Die Entscheidung treffe ich noch immer selbst und lasse sie mir auch von


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