Bundesrat Stenographisches Protokoll 681. Sitzung / Seite 95

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von einer passiven Neutralität nach dem Muster der Schweiz zu einer aktiven Neutralität, die Engagement, deutlich hervorgekehrtes Verantwortungsbewusstsein und auch Solidarität beinhaltet. Und niemand behauptet, dass die Neutralität am Ende ihrer möglichen Entwicklung angelangt sei. Aber klar ist: So lange es kein besseres Instrument zur Verwirklichung dieser unserer Ziele einer aktiven und solidarischen Mitgestaltung auch durch einen Kleinstaat in einer wahrhaft schwierigen, konfliktreichen Welt gibt, solange werden wir diese Neutralität verteidigen und darauf bestehen, dass die verfassungsgesetzliche Festlegung, die auch diese Regierung nicht so einfach aus der Welt schaffen kann, nicht ausgehöhlt und zur leeren Floskel reduziert wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin daher ausdrücklich nicht der Meinung des Herrn Landeshauptmannes Haider – nicht über die Fußballschiedsrichter –, dass die Neutralität schon nicht mehr existiere (Bundesrat Dr. Böhm: So ist es aber!), weil wir schon mehr bei der NATO seien. Nein, das sind wir nicht! (Bundesrat Dr. Böhm: Weder – noch!) Wir haben, und das durchaus in Interpretation ... (Bundesrat Ing. Gruber: Wenn wir das Rednerpult anschauen, sind wir auf einem Jahrmarkt! – Heiterkeit bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Bundesrat Winter: Schüssels Jahrmarkt!)  – Herr Kollege! Einmal im Jahr ist es angebracht, auch das zu Wort und zu Sicht kommen zu lassen, was in diesem Land vielen Menschen viel bedeutet. Ich habe kein Problem damit, hinter diesen Symbolen dreier wichtiger Elemente zu stehen und zu sprechen. Wenn es Sie stört, Herr Kollege, dann hören Sie nur zu und schauen Sie nicht her! Ästhetik ist nicht meine stärkste Seite. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Aber natürlich kann es – ich bin wegen des Zwischenrufes des Kollegen Böhm nicht beleidigt oder böse – die Meinung geben, dass die Neutralität nicht mehr zeitgemäß sei. Es kann auch die Meinung geben, dass wir die Neutralität über ihren eigentlichen Charakter hinaus weiterentwickelt haben. Darüber ist ein Diskussionsprozess zu führen. Aber Bundeskanzler, die diese Republik nicht nur repräsentieren, sondern auch politisch zu führen und den Menschen klare Hinweise zu geben haben, gehören nicht zu jenen, von denen wir einen, noch dazu sehr unfundierten – die Beispiele, die Sie so stören, stammen ja nicht von mir – Exkurs über deren verfassungsrechtliche Bedeutung erwarten dürfen. Nein: Wir dürfen gar nichts. Aber Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, sollten von diesem Bundeskanzler nicht ein Herummäkeln im dritten Rang, sondern klare Ansagen erwarten.

Nun werde ich mir mit dem folgenden Zitat hoffentlich keinen Zwischenruf einhandeln, aber Dr. Taus wird schon gewusst haben, warum er sich selbst und seinen damaligen "Mitgespons" Schüssel als "kalte Knackwürste" bezeichnet hat. (Bundesrat Ledolter: Das war der Busek!)  – Gut! Es stimmt nicht. Wir werden die Quellenforschung gemeinsam betreiben. (Rufe und Gegenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Tatsache ist, dass dieser Bundeskanzler immer dann seine Sidesteps macht, wenn es Ernst wird, dass er die Führung der Regierung, zu der er politisch – wenn auch nicht verfassungsrechtlich – berufen ist, nicht wahrnimmt und dass er in Wirklichkeit entscheidend dafür verantwortlich ist, dass wir diese auseinander driftenden Elemente der Regierungspolitik, durch die das Land Schaden nimmt, beständig vor uns haben.

Ich habe kein Problem damit, dass eine Regierung eine Politik betreibt, die mir nicht gefällt. Diese österreichische Republik ist auf Grund eines demokratischen Votums von einer anderen Koalition regiert, und die Sozialdemokraten befinden sich wie auch die Grünen in Opposition. Wir werden diese Regierung ... (Bundesrat Mag. Himmer: ... Stellungnahme! Das ist auch ein Lernprozess gewesen, nicht?)  – Ich fürchte, den Lernprozess hat uns die etwas eigenartige Regierungsverhandlung abgenommen. (Bundesrat Gasteiger: So etwas Unqualifiziertes! – Ruf bei der ÖVP: ... Auweh!)

Es tut uns weh, natürlich! Herr Kollege! Wir sind nicht angetreten, um Wahlen zu verlieren. Das würde dem Wesen einer politischen Partei widersprechen. Wir haben es nicht gerade als besonders glanzvoll empfunden, dass die größte, die stimmenstärkste Partei des Landes an der Regierung nicht beteiligt wird. Natürlich hat uns das nicht gefreut! Aber die Demokratie hat auch Bestandteile und Elemente, die nichtsdestoweniger zu respektieren sind, auch wenn sie einen


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