Bundesrat Stenographisches Protokoll 681. Sitzung / Seite 103

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angeregten Ausstiegskonferenz für Temelin. Entsprechende Schreiben ergingen an Ministerpräsidenten Zeman, Kommissionspräsidenten Prodi und den gegenwärtigen Ratsvorsitzenden Ministerpräsidenten Verhofstadt.

Alle diese Initiativen ergaben, dass die Tschechische Republik zwar einerseits bereit ist, im Rahmen des Melker Prozesses mit Österreich über Fragen der Sicherheit und Umweltverträglichkeit der Anlage in Temelin zu verhandeln, dass aber andererseits keinerlei Bereitschaft der tschechischen Seite besteht, in irgendeiner Weise den von österreichischer Seite immer wieder eingebrachten Ausstiegsüberlegungen näher zu treten. Diese Haltung zahlreicher maßgeblicher Vertreter der Tschechischen Republik ist durch vielfache öffentliche und auch persönliche Aussagen bekräftigt worden.

Zusammenfassend ist zu den Fragen 3 und 4 also festzustellen, dass es wie schon bisher auch jetzt immer noch um konkrete Verhandlungen und Ergebnisse bezüglich Sicherheit und Umweltverträglichkeit von Temelin geht und dass alle anderen Überlegungen angesichts dieser übergeordneten Ziele zurückzustellen sind. Wir befinden uns also im Stadium bilateraler Verhandlungen mit der Tschechischen Republik. Die Frage eines Vetos gegen den Beitritt der Tschechischen Republik zur EU stellt sich damit derzeit nicht.

Zu den Fragen 5 bis 7:

Die Erweiterung der EU um neue Mitgliedstaaten wird den Friedens- und Stabilitätsraum auf dem europäischen Kontinent ausweiten und sich durch eine engere, wirksamere Zusammenarbeit und eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik auch international für Frieden und Konfliktlösungen fühlbar auswirken. Sie liegt daher vor allem wegen dieses Friedens- und Stabilitätszuwachses im Interesse Österreichs, das schon bisher wirtschaftliche Vorteile aus der Entstehung und Öffnung neuer Marktwirtschaften in seiner Nachbarschaft gezogen hat. Österreich steht mit den mittel- und osteuropäischen Kandidatenländern auch durch Geschichte und Kultur in einem besondern Naheverhältnis.

Mit den beim Europäischen Rat in Kopenhagen beschlossenen Beitrittskriterien konnten den Kandidaten die für den Beitritt notwendigen Voraussetzungen objektiv, transparent und nachvollziehbar dargelegt werden.

Die Europäischen Räte von Luxemburg und von Helsinki gaben die Rahmenbedingungen für die Verhandlungen vor, wobei klargestellt wurde, dass die Fortschritte jedes Beitrittskandidaten in den Verhandlungen von den Vorbereitungsarbeiten des jeweiligen Landes auf den Beitritt abhängig gemacht würden.

Bei den Europäischen Räten von Berlin und von Nizza wurde sichergestellt, dass die Union selbst sowohl finanziell als auch institutionell in der Lage ist, die Beitrittskandidaten als neue Mitglieder aufzunehmen. Überdies wurde die Wegskizze für den weiteren Verhandlungsverlauf beschlossen, der einen Abschluss der Verhandlungen mit den am weitesten fortgeschrittenen Kandidaten bis Ende 2002 und nach den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates in Göteborg deren Teilnahme an den Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahre 2004 als Mitglieder vorsieht.

Gerade um den größtmöglichen Nutzen aus der Erweiterung für beide Seiten zu ziehen, hat sich Österreich von Beginn der Verhandlungen an stets an den Grundsatz "Gleichgewicht von Qualität und Geschwindigkeit" gehalten. Österreich verfolgt die Beitrittsverhandlungen seit Beginn mit großer Aufmerksamkeit und hat seine Vorstellungen und Interessen darin aktiv vertreten. Unter der österreichischen Präsidentschaft erhielt die Erweiterung einen entscheidenden Impuls, als konkrete Beitrittsverhandlungen zu sieben Verhandlungskapiteln eröffnet wurden.

Auf Grund seiner engen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen mit den Kandidatenländern folgt Österreich schon seit Anbeginn der Verhandlungen dem Grundsatz, dass jedes einzelne Verhandlungskapitel für Österreich von Bedeutung ist. Denn der Grundsatz, die Erweiterung möglichst sorgfältig vorzubereiten, impliziert, mögliche Effekte der Erweiterung möglichst frühzeitig auch in den Beitrittsverhandlungen zu thematisieren.


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